Im Interview mit Johannes Mailänder, Co-Founder der Lichtwart GmbH: Die größten Treiber sind Wettbewerbsdruck und Fachkräftemangel

Gesch. Lesedauer: 5 Minuten
Digitalisierung & IT, Interviews, Nachhaltigkeit, Unternehmen
Johannes Mailänder, Co-Founder der Lichtwart GmbH, im Interview über intelligente Gebäudeautomation – Digitale Steuerungslösungen für nachhaltiges Energie- und Lichtmanagement in Gewerbeimmobilien.
Foto: Lichtwart

Gibt es etwas, das Sie persönlich in Ihrem Alltag verändert haben, um nachhaltiger zu leben?
Natürlich, um direkt ein köstliches Beispiel zu nennen: Wir bauen als Familie im eigenen Garten in Bünde (Westf.) diverse Obst und Gemüsesorten an, haben im Frühjahr ein kleines Insektenhotel aus der Eifel montiert. Warum, weil wir eine Vorbildfunktion als Eltern haben für die nächste Generation.

Selbstredend ist zu Hause alles smart-home-mäßig vernetzt und auf LED-Leuchtmittel umgestellt (bis auf den Keller, das hat meine Frau noch auf „unserer ToDo-Liste”). Seit knapp drei Monaten sind wir auch Betreiber einer intelligenten PV-Anlage inkl. 10 kWh Speicher, welche uns nun zusammen mit der bereits vor Jahren installierten Solarthermie-Anlage als Familie noch autarker macht.

Ihr Unternehmen setzt auf digitale Steuerungslösungen für Licht, Energie sowie zusätzliche Aggregate des Gebäudebestandes. Wie genau trägt Lichtwart dazu bei, den Einsatz von Energie zu reduzieren und Ressourcen zu schonen? Und welche finanziellen Auswirkungen hat das für Betreiber – beispielsweise von Tankstellen?
Wenn wir Lichtwart vorstellen, sprechen wir von der automatisierten Serviceplattform für nachhaltiges Licht-, Energie- und Gebäudemanagement. Einfach gesagt: Wir sind das Auge und Ohr vor Ort plus der verlängerte Arm des Technik-Teams. Und wir senken die Energiekosten für Außenbeleuchtung, Klima, Heizung usw. um 20 % bis 60 %.
Wir sorgen mit Lichtwart dafür, dass kleine und mittelgroße Gewerbeimmobilien, wie z.B. Tankstellen und Autohöfe, ein „digitales Rückgrat” erhalten, an dem, herstellerunabhängig, alle Aggregate angebunden werden können: Licht, Klima, Lüftung, Heizung und zudem Kompressoren, Leckwarngeräte, Abscheider usw.

Durch eine einfache Automation entlasten wir das Personal vor Ort und verhindern Fehlbedienung und Fehlschaltungen. Fehler und Ausfälle werden automatisch erkannt und mit den genauen Informationen per Mail oder API-Schnittstelle versendet. Das Technik-Team kann somit schneller und zielgerichteter arbeiten. Wenn wir mit Lichtwart beispielsweise die Außenbeleuchtung steuern, Klimageräte kontrollieren und Heizungen überwachen, dann sind schnell 4- bis 5-stellige Eurobeträge als Einsparungen pro Jahr an einem Standort realisierbar.

HOYER hat als Lichtwart-Pionier in der Tankstellenbranche das Potenzial insbesondere für Automatentankstellen erkannt: Das Pilotprojekt hat 59 % Einsparungen aufgezeigt und war somit der Startschuss für weitere Installationen. Und wir können die Projekte sehr schnell umsetzen, da wir keine Software oder Apps installieren müssen und auch keine IT-Infrastruktur der Kunden benötigen: es genügt ein Browser auf dem PC, Tablet oder Smartphone, um Lichtwart zu nutzen. Auf den Punkt gebracht hat es eine Tankstellenleiterin aus Hamburg: „Meine Tankstellen in der Hosentasche”.

Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Technologien nicht nur umweltfreundlich, sondern auch langlebig und reparierbar sind?
Wir haben unsere Technologie in Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom entwickelt. Hardware, Konnektivität und Cloud sind „Made in Germany” und erfüllen die höchsten Sicherheitsstandards.Wir setzen auf industrielle Fertigung mit bewährten Komponenten und bieten eine lebenslange Garantie auf das Lichtwart-Modul an! Mit einem vom TÜV Rheinland zertifizierten Prozess haben wir 2024 und 2025 das Nachhaltigkeits-Label „green magenta” von der Telekom erhalten.

Und wir können jederzeit weitere Funktionen per „over the air updates” auf die Lichtwart-Module aufspielen, um so auch in 5 oder 10 Jahren up-to-date zu sein.

Wie ist Lichtwart selbst intern in Sachen Nachhaltigkeit aufgestellt? Verfolgen Sie eine ESG-Strategie oder ähnliche Ziele?
Das ist Teil unserer DNA, gelebte Kultur. Unsere Mission lautet: „Make the Milky-Way visible again, together” = Lichtverschmutzung und Energieverschwendung reduzieren, dabei den CO2-Fußabdruck verkleinern. Organisatorisch orientieren wir uns selbst an diesem Dreiklang:

  • E – Environmental: Wir reduzieren uns auf ein Minimum an Ressourcen, sei es in puncto Fuhrpark oder die Büro-Infrastruktur.
  • S – Social: Wir leben New-Work, in dem wir unserem Team ermöglichen, flexibel remote vom Home-Office oder in Shared-Spaces familiengerecht zu arbeiten.
  • G – Governance: Wir achten darauf, dass auch in unserer Lieferkette unsere Werte umgesetzt werden. Dies beweisen unsere Zulieferer z.B. durch Ihre Zertifizierung nach DIN EN ISO 14001:2015 gemäß dem internationalen Standard für Umweltmanagement.

Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Buzzword, sie wird zunehmend zum Wettbewerbsfaktor. Spüren Sie im B2B-Bereich eine steigende Nachfrage nach umweltfreundlicheren Lösungen?
Definitiv – unsere Existenz ist der leuchtende Beweis dafür, dass Nachhaltigkeit im Markt angekommen ist.

Dazu noch ein wichtiger Punkt Richtung Zukunftsfähigkeit von Tankstellen und Autohöfen und damit auch Investitionssicherheit: Aktuell erarbeitet das Leibnitz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) eine Rechtsverordnung (RVO) im Auftrag der Bundesregierung, die künftig Baugenehmigungen sowie Betriebs- und Beleuchtungszeiten restriktiver reglementieren wird. Und das nicht nur für Neubauten, sondern auch für den Bestand.

Unser System liefert bereits heute dafür hilfreiche Technik: Mit unserer dynamischen Lichtsteuerung reduzieren wir Lichtimmissionen und mit den Messprotokollen haben die Betreiber die erforderlichen Nachweise gegenüber den Behörden.

Reduktion von schädlicher Lichtverschmutzung und gleichzeitig Senkung des Stromverbrauchs führen somit zu einem positiven Impact im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG), des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), sowie 9 der 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen.

Vor dem Hintergrund der angespannten wirtschaftlichen Lage im Mittelstand: Wie nehmen Sie das Investitionsverhalten von KMUs im Bereich nachhaltiger Infrastruktur wahr – eher zögerlich oder zukunftsorientiert?
Zukunftsorientiert – mit Blick auf Wirtschaftlichkeit und unmittelbare Kostenreduktion. Viele Mittelständler sind vorsichtig, stehen teils auch unter hohem Kostendruck, sind aber bereit zu investieren, wenn sich ein Projekt nachweislich rechnet. So kommt unser Lizenzmodell sehr gut an: keine hohen Anfangsinvestitionen, monatliche Transparenz, schnelle Amortisation. Ein weiterer Aspekt: viele scheuen, neue Technologien in den Bestand einzuführen, da dies oftmals sehr umfangreiche und kostspielige Umbaumaßnahmen erforderlich macht. Daher haben wir unsere Lösung speziell als Retrofit für die Bestandsgebäude entwickelt: Lichtwart kann einfach installiert werden und sämtliche Funktionen können dann im Zuge von geplanten Maßnahmen, z.B. Sanierung oder Ersatz, einfach in Betrieb genommen werden.

Wie beeinflusst die aktuelle Gesetzgebung – etwa das Gebäudeenergiegesetz – Ihr Geschäftsmodell? Und welche politischen Maßnahmen oder Förderinstrumente würden Sie sich zur Unterstützung nachhaltiger Technologien wünschen?
Die Gesetzgebung ist im Wechsel mit dem Kostendruck durch Energie- und CO2-Preise aber auch durch geopolitische Entwicklungen ein Treiber.

Doch die größten Treiber, aus unserer Sicht, werden der Wettbewerbsdruck und der Mangel an Fachkräften sein: Unternehmen, die jetzt in die eigene Infrastruktur investieren, werden in der Zukunft wettbewerbsfähigere Grundlagen haben. Denn in den kommenden Jahren wird es immer aufwendiger und kostspieliger werden, Dienstleister zu finden, die zum Beispiel in den Immobilien die Installationen erneuern.

Als Beispiel: Heute kostet die Installation von Lichtwart knapp 1.000 Euro. In 5 Jahren werden Technikerstunden und Fahrtkosten dazu führen, dass die gleiche Leistung ca. 30-50 % teurer wird und es länger dauert, bis diese ausgeführt werden kann. Wer schon heute Lichtwart installiert, wird in den kommenden 5 Jahren bereits mehrere tausend Euro einsparen können.

Welche Entwicklungen erwarten Sie in den kommenden fünf Jahren im Bereich des nachhaltigen Gebäudemanagements und Smart City-Technologien? Und welche eigenen Innovationsvorhaben plant Lichtwart in diesem Kontext?
Smart Building und Smart City sind ein wesentlicher Baustein zur Erreichung der Klimaziele, dem Schutz der Biodiversität und für unser Zusammenleben in den Städten und Kommunen. Die große Herausforderung ist, diese Technologien auch für den zahlenmäßig größten Markt „erschwinglich” zu machen: die Millionen bereits bestehender kleiner und mittelgroßer Gewerbeimmobilien. Ein klassisches Gebäudemanagement ist ein Projekt, das je nach Umfang schnell 6-stellige und deutlich größere Investitionen bedeutet. Das rechnet sich für den Mittelstand oft nicht.

Durch das Internet der Dinge (IoT) sind hier bereits spürbare Fortschritte gemacht worden. Das nutzen wir, um unsere Lösung auf Einfachheit zu trimmen: einfach installierbar, einfach konfigurierbar und einfach im laufenden Betrieb nachrüstbar.

Unsere Kunden wollen den Nutzen der Technologie haben, ohne Lehrgänge zu besuchen, dicke Handbücher zu wälzen oder stundenlange Videotutorials durcharbeiten zu müssen. Und genau das ist unser Ziel, dem wir mit der Einführung unseres neuen Lichtwart-Moduls CORE v2 Ende Juni einen großen Schritt näherkommen werden: Wir schaffen so die Grundlage für unser „Easy Building Automation”, das Gebäudemanagement und Gebäudeautomation für Bestandsgebäude so einfach wie für Neubauten machen wird.

So wollen wir Nachhaltigkeit mit Profitabilität vereinen, um unseren Kunden die Transformation zur smarten Infrastruktur zu erleichtern und den Prozess zu beschleunigen.

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