TenneT: Europas größtes Auftragspaket für Versorgungssicherheit, Energiewende und Klimaschutz geht mit rund 30 Mrd. Euro an den Start

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Erneuerbare & Regenerative Energien
Das 2GW-Programm ebnet den Weg für die nächste Generation von Offshore-Netzanbindungssystemen.
Foto: TenneT

Spitzenvertreter des Übertragungsnetzbetreibers TenneT, der Kooperation Hitachi Energy/Petrofac und der drei Konsortialpartnerschaften GE/Sembcorp (SMOP), GE/McDermott sowie Siemens Energy/Dragados haben Ende April 2023 in Berlin die offiziellen Vertragsunterzeichnungen vorgenommen, um Europas bislang größte Ausschreibungsvergabe für Energiewende-Infrastruktur zu besiegeln. Das Gesamtvolumen der Aufträge für die Komponenten der insgesamt 14 Systeme beläuft sich auf rund 30 Mrd. Euro. Im Ergebnis geht es um die Übertragungskapazität von Offshore-Windenergie in der Größenordnung von 28 Großkraftwerken in der deutschen und der niederländischen Nordsee.

Die TenneT TSO GmbH, Bayreuth, schließt damit die Großvergabe für die see- sowie landseitigen Konverterstationen für insgesamt 14 Offshore-Netzanbindungssysteme ab, die im August 2022 gestartet wurde. Elf dieser Systeme hatte die TenneT bereits Ende März dieses Jahres vergeben, davon acht in den Niederlanden und drei in Deutschland. Drei weitere deutsche Systeme kamen Ende April dazu. Diese insgesamt 14 Systeme sollen bis 2031 realisiert werden. Deren „Herzstücke“, die innovative 2-GW-Konverter-Technologie zur Umwandlung von Drehstrom in Gleichstrom, wird bei allen Projekten ausschließlich an europäischen Produktionsstandorten der Konsortien hergestellt. Mit einem Auftrag dieser Größenordnung wird in Europa ein weltweiter Technologie – und Produktionsvorsprung in einem Schlüsselbereich der künftigen Energieversorgung etabliert.

Nach den Worten von Tim Meyerjürgens, Chief Operating Officer der TenneT, führender Offshore-Übertragungsnetzbetreiber in der EU, hat das Unternehmen das notwendige Know-How, um das europäische Ziel einer unabhängigen Versorgung mit erneuerbaren Energien zu verwirklichen. Um dies zu erreichen, muss die Nordsee als das „grüne“ Kraftwerk Europas erschlossen und schnell an die Stromnetze an Land angeschlossen werden. Die TenneT handelt und investiert dementsprechend. Das 2-GW-Programm wird dazu beitragen, „grüne“ Windenergie aus der Nordsee skalierbar und kosteneffizienter zu machen – und Auswirkungen auf die Umwelt weiter minimieren.

Für Niklas Persson, Executive Vice President und Managing Director des Geschäftsbereichs Grid Integration der Hitachi Energy Ltd., Zürich, wird das Engagement der TenneT, einen großen Teil der Offshore-Windenergie in das Netz zu integrieren, einen echten Wandel im Energiesystem bewirken und es nachhaltiger, flexibler und sicherer machen. Das Unternehmen ist stolz, zusammen mit seinem Partner Petrofac Ltd., London, einen wichtigen Beitrag zur Beschleunigung der Energiewende zu leisten. Innovative Geschäftsmodelle, die auf agiler Zusammenarbeit, Standardisierung und Synergien zwischen Projekten beruhen, sind die wichtigsten Voraussetzungen für diesen Wandel – zusammen mit der HGÜ-Technologie, die die Hitachi Energy in den letzten 70 Jahren entwickelt hat.

Laut Philippe Piron, President & Chief Executive Officer der GE Grid Solutions, Boulogne-Billancourt, begrüßt es das Unternehmen sehr gemeinsam mit seinen Konsortialpartnern Sembcorp Marine Ltd., Singapur, und McDermott Will & Emery LLP, Chicago, eine Schlüsselrolle in dem wichtigen Infrastrukturprojekt der TenneT zu spielen, um die Energiesicherheit Europas zu stärken und Emissionen zu reduzieren. Die Partnerschaft mit der TenneT bestätigt aus Sicht von P. Piron, dass die HGÜ-Technologie der GE inzwischen als eine der fortschrittlichsten der Welt anerkannt ist, und bekräftigt den Anspruch, ein führender Systemanbieter für Elektrifizierung und Dekarbonisierung zu sein.

Im weltweiten Wettlauf gegen den Klimawandel muss der Netzausbau mit den beschleunigten Ausbauzielen für Erneuerbare Energien mitziehen können. Kürzere Vergabeverfahren, Großausschreibungen und die Standardisierung von Lösungen zeigen, wie Netzbetreiber und Hersteller bereits gemeinsam an einem Strang ziehen, um schneller „grüne“ Energie zu den Verbrauchern zu bekommen. Damit die Industrie auch weiter ihre Kapazitäten hochfahren kann, müssen jetzt aus Sicht von Tim Holt, Mitglied des Vorstands der Siemens Energy AG, München, allerdings auch auf politischer Ebenen alle verfügbaren Hebel umgelegt werden – von Rohstoff- und Fachkräftestrategien bis hin zu einer weiteren Verschlankung der Genehmigungsverfahren auf allen Ebenen.

Nach Aussage von Tareq Kawash, CEO der Petrofac Group, ist das Unternehmns-Management stolz darauf, das bahnbrechende 2-GW-Offshore-Windprogramm der TenneT gemeinsam mit der Hitachi Energy zu unterstützen. Dieses wichtige Infrastrukturprojekt wird Europa helfen, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Durch die mehrjährige Rahmenvereinbarung verpflichtet sich die Petrofac mit allen Partnern zusammenzuarbeiten, ihr EPCI-Know-how zu teilen und neue Wege der Zusammenarbeit zu beschreiten, um die Integration erneuerbarer Energien in die Stromnetze zu beschleunigen.

Der Kooperationsrahmenvertrag ist nach Meinung von Samuel Wong, Vice President und Head of Sembcorp Marine Offshore Platforms, eine weitere Ausweiterung der Präsenz im Bereich der erneuerbaren Energien in Europa. Gemeinsam mit dem Konsortialpartner GE, mit dem das Unternehmen eine starke und strategische Partnerschaft aufgebaut hat, freut sich die GE, das nachhaltige Engagement der TenneT zur Förderung der globalen Energiewende zu unterstützen. Der Zuschlag für drei 2GW-HVDC-Offshore-Umrichterplattformen ist das bisher größte und fortschrittlichste Offshore-Projekt der GE im Bereich der erneuerbaren Energien. Dieser bahnbrechende Auftrag ist eine Anerkennung der bewährten Erfolgsbilanz der Gruppe beim schlüsselfertigen Bau und der Lieferung von Mega-Offshore-Plattformen für den Betrieb in allen Umgebungen in der Nordsee.

Die Unterzeichnung der Verträge zum Ausbau der „sauberen“ Energieerzeugung in Deutschland, um das Ziel von 80 % erneuerbarer Energien bis 2030 zu erreichen sind für Vaseem Khan, Senior Vice President für Onshore der McDermott ein positives Zeichen. Die McDermott bringt mehr als ein Jahrhundert Erfahrung in der Durchführung einiger der weltweit anspruchsvollsten Onshore- und Offshore-Projekte in diese Zusammenarbeit ein und nutzt dabei ihre eigenen Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten.

Pedro Ascorbe, CEO der Dragados Offshore S.A., Cádiz, ist davon überzeugt, dass auf der Grundlage der jüngsten Erfahrungen und des aktuellen Entwicklungsstands von HGÜ-Plattformen mit einer Leistung von 900 MW und 2 GW diese anspruchsvollen Projekte erfolgreich durchgeführt werden können.

Die Vergabe der Großausschreibung im Detail
Im Rahmen der offiziellen Vertragsunterzeichnung wurden von der TenneT und den vier Kooperationspartnerschaften die Aufträge und deren Annahmen für insgesamt 14 Offshore-Netzanbindungssysteme in der deutschen und der niederländischen Nordsee unterschrieben.

Dabei erhielt das Konsortium Siemens Energy/Dragados heute den Zuschlag für die deutschen Projekte BalWin3, LanWin4 (beide mit Anschluss an das Onshore-Netz in Wilhelmshaven) und LanWin2 (Anschluss im Raum Heide).

Bereits am 30. März 2023 hatten die GE/McDermott die Aufträge zur Realisierung der entsprechenden Komponenten für die deutschen Offshore-Projekte BalWin4 und LanWin1 erhalten, die in Unterweser angeschlossen werden.

Die Hitachi Energy/Petrofac erhielt den Zuschlag für fünf niederländische Projekte, die in Borssele (IJmuiden Ver Alpha, Nederwiek 1), Eemshaven (Doordewind 1 und Doordewind 2) und Geertruidenberg oder Moerdijk (Nederwiek 3) angeschlossen werden sollen. Diese Kooperation wird auch den deutschen Anschluss LanWin5 realisieren, der im Raum Rastede angeschlossen werden soll.

Die GE/SMOP hat den Zuschlag für drei niederländische Projekte erhalten, die in Maasvlakte, Rotterdam, angeschlossen werden sollen (IJmuiden Ver Beta, IJmuiden Ver Gamma und Nederwiek 2).

Alle Vereinbarungen gelten sowohl für die Offshore- sowie Onshore-Konverterstationen und die damit verbundene HGÜ-Technik, die eine bidirektionale Umwandlung von Gleich- und Wechselstrom ermöglicht. Die beauftragten Lieferanten werden ab sofort mit den vorbereitenden Arbeiten der Projekte beginnen. Damit stellen alle Vertragsparteien sicher, dass die Projekte im Zuge der Rahmenvereinbarung zielgenau bis 2031 beliefert werden können. Das Gesamtvolumen der Aufträge für die Komponenten der insgesamt 14 Systeme beläuft sich auf rund 30 Mrd. Euro.

Laut Marco Kuijpers, Director Large Projects Offshore der TenneT hat die TenneT in den Vertragsvereinbarungen für die Auftragnehmer auch Verpflichtungen aufgenommen, die in Bezug auf Sicherheit, Innovationen und Nachhaltigkeit stehen und die während der Realisierung der Projekte von heute bis 2031 sukzessive verbessert werden sollen. Für jedes Thema wird gemeinsam ein Fahrplan entwickelt. Jedes Projekt soll besser sein als das vorhergehende Projekt. Die Vertragspartner und die TenneT übernehmen damit Verantwortung, um die Lieferkette mit Blick auf die Zukunft möglichst nachhaltig zu gestalten.

Hintergrund
Mit der Erklärung von Esbjerg haben sich Belgien, Dänemark, Deutschland und die Niederlande im Mai 2022 auf dem Nordsee-Energiegipfel darauf verständigt, gemeinsam bis 2030 eine Leistung von mindestens 65 GW Offshore-Windenergie zu installieren. Europas führender Offshore-Übertragungsnetzbetreiber TenneT wird mit 40 GW Netzanbindungen rund zwei Drittel dieses Volumens bereitstellen. Dafür baut die TenneT Offshore-Netzanschlusssysteme mit einer Gesamtkapazität von jeweils 20 GW in Deutschland und den Niederlanden.

Die TenneT hat im Rahmen ihres 2GW-Programms den neuen globalen Offshore-Standard für Netzanschlusssysteme entwickelt – gemeinsam mit weltweit führenden Anbietern der Branche. Dieser neue Standard kombiniert die umfassende Expertise der TenneT im Offshore-Netzausbau mit einem transnationalen Vorgehen. Mit Fokus auf Harmonisierung und Standardisierung von Offshore-Netzanbindungssystemen liefert das Programm die nötige Blaupause für die künftige und notwendige Beschleunigung der Energiewende. Durch die erhöhte Übertragungskapazität von 2 GW pro System können im Vergleich zu vorherigen Offshore-Netzanschlüssen die Zahl neuer Systeme deutlich reduziert werden. Das 2GW-Programm setzt damit neue Maßstäbe für die europäische Energiewende. Es wird Europa auf sichere und kosteneffiziente Weise mit mehr „grüner“ Energie versorgen – und das bei so wenig Umweltauswirkungen wie möglich.

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