Wie kann die Dekarbonisierung der Industrie in Deutschland gelingen? Mit dieser Frage beschäftigte sich die diesjährige Jahrestagung „Dekarbonisierung der Industrie 2024“ des Handelsblatts in Düsseldorf. In seiner Keynote gab der Vorstandsvorsitzende der Westfalen-Gruppe, Dr. Thomas Perkmann, einen Überblick über die aktuelle Situation des Mittelstands in dieser Frage. Das Unternehmen beliefert deutschlandweit über 60.000 Gewerbekunden – mehrheitlich kleine und mittelständische Unternehmen – mit Kraftstoffen, Wärmeenergie und vor allem Industriegasen und verfügt daher über eine entsprechend umfangreiche Markteinsicht.
Unter dem Titel „Wie geht die Dekarbonisierung nicht am Mittelstand vorbei?“ beleuchtete T. Perkmann die großen Herausforderungen, vor denen kleine und mittlere Unternehmen bei der Transformation hin zu einer nachhaltigen Zukunft stehen: Für viele Unternehmen verhindern hohe Kosten und fehlende Anreize den Umstieg auf nachhaltige Technologien wie Wasserstoff, kohlendioxidneutrale Gase und Wärmepumpen, beschrieb er eine der grundlegenden Hürden für die künftige Ausrichtung der mittelständischen Industrie.
Fehlende politische Unterstützung bremst nachhaltige Technologien aus
Laut T. Perkmann ist die Dekarbonisierung für den Mittelstand nicht nur eine Pflicht, sondern auch eine große Chance – aber der Weg dorthin fordert alle. Trotz zahlreicher positiver Entwicklungen ist der flächendeckende Einsatz umweltfreundlicher Technologien noch immer weit entfernt. Für weitere Fortschritte braucht es mehr politische Unterstützung in Form von zugänglichen Förderprogrammen und finanziellen Anreizen, forderte T. Perkmann. Insbesondere im Bereich der Prozesswärme sieht er mit den passenden politischen Rahmenbedingungen großes Potenzial, um Emissionen zu senken.
Potenzial des deutschen Mittelstandes nicht ungenutzt lassen
Es ist richtig, bei der Dekarbonisierung mit denjenigen anzufangen, die die meisten Emissionen verursachen. Wenn mit dem Fokus auf die Großindustrie jedoch die mittelständischen Unternehmen außen vorgelassen werden, bleibt viel Potenzial ungenutzt, so Perkmann weiter. Dabei zeichnet sich das Rückgrat der deutschen Wirtschaft durch besondere Flexibilität und Leistungsbereitschaft aus. Als Beispiel führte Perkmann das Thema Wasserstoff an: Die kleinen Betriebe müssen nicht erst groß auf das Wasserstoff-Kernnetz warten, um „grünen“ Wasserstoff einzusetzen, sondern können durch eine dezentrale Versorgung jederzeit und schnell mit entsprechenden Kapazitäten beliefert werden. Das sollte genutzt werden. Allerdings braucht es eine verlässliche Incentivierung, damit es sich für die Betriebe auch lohnt, die Produktion klimafreundlich umzustellen.
Zugleich sind auch die Betriebe in der Pflicht: Wer sich nicht bewegt und die Augen vor der Transformation verschließt, wird aus Sicht des promovierten Betriebswirts verlieren. Die Westfalen selbst hat die eigenen CO2-Emissionen seit 2019 bereits um ein Drittel reduziert. T. Perkmann erklärt, dass die Westfalen mehr will – gerade als Vorlieferant und Partner der zumeist mittelständischen Kunden. Das Unternehmen ist dabei sein „grünes“ Produktportfolio in den Bereichen strombasierte Wärme, Wasserstoff, aber auch E-Mobilität weiter auszubauen.