Universität Hohenheim: Agri-Photovoltaik-Anlagen schützen Pflanzen vor Dürre

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Erneuerbare & Regenerative Energien, Forschung & Entwicklung
Bei Dürre sogar ertragssteigernd: Hoch aufgeständerte Agri-Photovoltaikanlagen schützen durch Beschattung.
Foto: Universität Hohenheim / Andreas Schweiger

Agri-Photovoltaik kann die Folgen von Dürreperioden auf die Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel abschwächen: Die Beschattung, die bei ausreichend Wasser oft die Ernteerträge senkt, kann bei Dürre sogar zu Ertragssteigerungen führen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Universität Hohenheim, Stuttgart. Der Effekt kann besonders für Regionen wichtig werden, in denen es gleichzeitig ein starkes Bevölkerungswachstum und ausgeprägte Dürreperioden gibt, wie beispielsweise in Indien oder Afrika. Aber auch in Europa muss in Zukunft mit längeren Trockenperioden gerechnet werden. Aus Sicht der Wissenschaftler besteht jedoch noch erheblicher Forschungsbedarf zu der Frage, welche Pflanzen sich für die unterschiedlichen Systeme am besten eignen.

Steigende Temperaturen und Veränderungen in der Menge und Verteilung der Niederschläge sind Kennzeichen des fortschreitenden Klimawandels. Vor allem die Verfügbarkeit von Wasser nimmt in vielen Regionen der Welt stark ab – mit weitreichenden Folgen für die Ernährungssicherheit einer wachsenden Weltbevölkerung.

Der Ersatz fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien gilt als Schlüssel, um den Klimawandel abzubremsen. Dabei ist die Solarenergie die ergiebigste erneuerbare Energie und wird gleichzeitig immer erschwinglicher. Faktoren, die ihren weltweiten Ausbau begünstigen.

Die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen steht jedoch in direkter Konkurrenz zu anderen Formen der Landnutzung, wie unter anderem der landwirtschaftlichen Produktion. Eine Lösung bietet die Agri-Photovoltaik. Sie ermöglicht die Erzeugung von Nahrungsmitteln und Energie auf derselben Fläche. Dazu werden beispielsweise die Photovoltaik-Paneele auf Ständer gesetzt, sodass darunter Nutzpflanzen angebaut werden können. Alternativ werden die Module in Bodennähe so installiert, dass zwischen ihnen Landwirtschaft betrieben werden kann.

Im Klimawandel kann Agri-Photovoltaik Ernteerträge steigern
Doch diese Form der Energieerzeugung kann noch mehr. Forschende vom Fachgebiet Pflanzenökologie der Universität Hohenheim unter Leitung von Jun.-Prof. Dr. Andreas Schweiger haben sich mit dem Potenzial beschäftigt, unter den sich ändernden klimatischen Bedingungen die Ernteerträge durch Agri-Photovoltaik zu steigern. Laut Lisa Pataczek, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Hohenheim, verringert die Beschattung durch die Photovoltaik-Anlage zwar die Erträge, wenn ausreichend Wasser für das Pflanzenwachstum zur Verfügung steht, bei Wasserknappheit profitieren die Pflanzen jedoch von der geringeren Verdunstung und damit einem geringeren Wasserverlust. Der Ertrag ist höher als auf den unbeschatteten Flächen. Aus Sicht der Forschenden macht diese stabilisierende Wirkung auf die Ernteerträge die Agri-Photovoltaik zu einer vielversprechenden Technologie.

Wichtig für trockenheitsanfällige Regionen und Wüstenrandgebiete
Besonderes Potenzial sehen die Forschenden in den trockenheitsanfälligen Regionen der Welt. Dazu gehören unter anderem der Westen der Vereinigten Staaten, das östliche und südliche Afrika, die Arabische Halbinsel, der Nahe Osten, Indien und Australien. Vor allem in Ländern mit ausgeprägten Dürreperioden und einem massiven Bevölkerungswachstum, wie zum Beispiel in Indien, ist dies aus Sicht der Forschenden von Bedeutung.

Nach Aussage von A. Schweiger stellt außerdem in den Randgebieten aller großen Wüsten der Welt die Photovoltaik eine Strategie zur Bekämpfung der Wüstenbildung dar. In Regionen mit Grundwasserknappheit könnte so die Erschöpfung dieser wichtigen Ressource verringert und gleichzeitig die CO2-Emissionen aus der Stromerzeugung reduziert werden, was wiederum dem Klimawandel entgegenwirkt.

A. Schweiger ergänzt, dass die Agri-Photovoltaik damit nicht nur dazu beiträgt, die Auswirkungen des Klimawandels in bereits als trocken eingestuften Regionen abzuschwächen, sondern vor allem für Regionen von Bedeutung sein wird, die in Zukunft mit einer zunehmenden Wasserknappheit konfrontiert sein werden, wie zum Beispiel in großen Teilen der Mittelmeerregion.

Potenzial stark abhängig von Region, Pflanzen und verwendetem System
A. Schweiger betont, dass dieses Potenzial je nach den klimatischen Bedingungen sehr unterschiedlich ausfällt und stark von den Pflanzen abhängt, die in solchen dualen Landnutzungssystemen angebaut werden. Er ergänzt, dass die meisten der bislang untersuchten Kulturen eine Beschattung von bis zu 15 % ohne nennenswerte Ertragseinbußen tolerieren.

Beeren, Obst und Fruchtgemüse profitieren sogar von einer Beschattung, während die Erträge von Futterpflanzen, Blattgemüse, Knollen- und Hackfrüchte sowie der meisten Getreide-Arten darunter minimal leiden. Starke Ertragseinbußen dagegen gibt es beispielsweise bei Mais, Ackerbohnen, Soja und Lupinen selbst bei geringer Beschattung.

Noch großer Forschungsbedarf
Nach Aussage von L. Pataczek fehlt es noch an detailliertem, fundiertem Wissen über die Beziehungen zwischen den unterschiedlichen Formen der Agri-Photovoltaik und den Reaktionen der verschiedenen Pflanzen. Denn diese Reaktionen beschränken sich nicht nur auf die Wasserversorgung. Sie erklärt weiter, dass viele Pflanzen im Schatten beginnen das Wachstum des oberirdischen, photosynthetisch aktiven Blattmaterials zu erhöhen. Interessant ist dies zum Beispiel bei Salat, da dieser Teil der Pflanzen von wirtschaftlichem Interesse ist.

Weitere Forschungsergebnisse werden nicht nur gebraucht, um unter den gegebenen klimatischen Bedingungen die optimalen Pflanzen für die jeweilige Beschattung auszuwählen. Sie können auch zur Entwicklung intelligenter Agri-Photovoltaik-Systeme beitragen, bei denen in Echtzeit die Stresssignale der Pflanzen genutzt werden, um die Ausrichtung der Paneele und damit die Beschattung zu steuern.

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