Auf der diesjährigen Bilanzpressekonferenz der VNG AG, Leipzig, erklärte Ulf Heitmüller, Vorstandsvorsitzender der VNG AG, dass 2024 zurückblickend ein bewegtes und bewegendes Jahr war, das nicht nur für die Energiebranche, sondern für die gesamte deutsche und europäische Wirtschaft, herausfordernde Rahmenbedingungen mit sich brachte. Nichtsdestotrotz ist es dem Unternehmen gelungen, geschäftsbereichsübergreifend flexibel mit den dynamischen Marktbedingungen umzugehen, die Versorgungssicherheit mit Gas zu gewährleisten und das Geschäftsjahr erneut mit einem starken Ergebnis abzuschließen. Eine gesunde Mischung aus der Strategieumsetzung „VNG 2030+“ sowie dem Ergreifen von Marktchancen hat der VNG AG diesen Erfolg ermöglicht, so U. Heitmüller weiter.
Die VNG hat das Geschäftsjahr 2024 mit einem Adjusted EBIT, das heißt einem bereinigten operativen Ergebnis vor Zinsen und Steuern, in Höhe von 321 Mio. Euro abgeschlossen (2023: 447 Mio. Euro). Das Konzernergebnis liegt mit 232 Mio. Euro (2023: 380 Mio. Euro) ebenso deutlich über den Erwartungen. Die sehr guten Ergebnisse aus den Jahren 2023 und 2024 bilden ein stabiles Fundament, auf dem die VNG der Zukunft gebaut wird. Bis zum Jahr 2035 sollen bei entsprechenden Rahmenbedingungen bis zu 5 Mrd. Euro in Mittel- und Ostdeutschland investiert werden. Nicht zuletzt sollen die eigenen Dekarbonisierungsbestrebungen und die der Kunden maßgeblich unterstützt werden, um zugleich die industrielle Wertschöpfung in der Region zu stärken. Dafür wurden 2024 mit 329 Mio. Euro über alle Geschäftsbereiche hinweg, nicht nur in das Bestandsgeschäft, sondern eben auch gezielt in das Geschäft mit erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen, investiert, betont Bodo Rodestock, Vorstandsmitglied für Finanzen, Personal und IT der VNG AG. Im Geschäftsjahr 2024 erzielte die VNG einen abgerechneten Umsatz von rund 16,1 Mrd. Euro (2023: rund 23,2 Mrd. Euro), der sich insbesondere aufgrund eines deutlich gefallenen Marktpreisniveaus reduzierte. Der VNG-Konzern beschäftigte zum 31. Dezember 2024 insgesamt 1.939 Mitarbeitende.
In 2024 hatten politische Entwicklungen, auf nationaler, europäischer und geopolitischer Ebene, maßgeblichen Einfluss auf die Energiemärkte. Außerdem fehlen weiter wesentliche regulatorische Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel eine verlässliche Bepreisung von CO2-Emissionen sowie hinsichtlich der Finanzierung an internationalen Kapitalmärkten. Dies wiederum verzögert die Investitionen in die Dekarbonisierung. Zwar hält die VNG laut U. Heitmüller an dem strategischen Kurs in Richtung „grüner“ Gase fest, aber solange keine Verlässlichkeit gegeben ist, sieht sie sich weiter mit großen Unsicherheiten konfrontiert. Dies macht ein hohes Maß an Flexibilität und eine stetige Überprüfung des strategischen Rahmens erforderlich.
Erfolgsfaktor: Breite Aufstellung – Alle Geschäftsbereiche tragen zu gutem Ergebnis bei
Im Geschäftsbereich Handel & Vertrieb lieferten der Gasvertrieb an Großkunden und das Handelsgeschäft an den europäischen Gasmärkten einen unverändert wichtigen Beitrag. Die VNG Handel & Vertrieb GmbH (VNG H&V) konnte erneut eine sichere Versorgung von über 400 Kunden, wozu Stadtwerke, Weiterverteiler, Industriekunden und Kraftwerke zählen, gewährleisten. Auf dem Weg zu einem klimaneutralen Energiesystem bleibt Erdgas noch einige Zeit ein wichtiger Energieträger. Insbesondere für eine leistungs- und wettbewerbsfähige Industrie aber auch für Privathaushalte trägt die VNG zur Versorgungssicherheit in Deutschland bei. U. Heitmüller betont, dass das Unternehmen im Rahmen der Diversifizierungsstrategie weiter daran arbeitet, neue Lieferverträge abzuschließen. 2024 wurde dies unter anderem im Rahmen eines Gasliefervertrags mit Sonatrach Petroleum Corporation BVI, Hydra, realisiert. Als erstes deutsches Unternehmen ist es der VNG gelungen, Pipelinegas aus Algerien zu beziehen. In den Gesprächen mit den internationalen Kooperationspartnern stehen jedoch auch stets Dekarbonisierungsoptionen im Fokus, so U. Heitmüller. Im Zuge dessen wurde die Diversifizierung des Beschaffungsportfolios, beispielsweise durch langfristige norwegische und mittelfristige algerische Gaslieferverträge sowie den Einkauf von LNG, weiter vorangetrieben. Der Gasabsatz lag im Geschäftsjahr 2024 bei rund 352 Mrd. kWh. Als wichtige Zukunftsinvestition konnte die VNG H&V mit dem Erwerb der bmp greengas GmbH, München, im Jahr 2024 ihr Biomethanhandelsgeschäft deutlich ausbauen. In Summe erwirtschaftete die VNG H&V ein Ergebnis in niedriger dreistelliger Millionenhöhe.
Im Geschäftsbereich Speicher ist es durch agiles Handeln und flexible Vermarktungsaktivitäten gelungen, die Marktsituation positiv zu nutzen. Die VGS VNG Gasspeicher GmbH, Leipzig, konnte 2024 im Zuge der weiter hohen Bedeutsamkeit von Speicherkapazitäten für die Versorgungssicherheit durch höhere Wertbeiträge des Sommer-Winter-Spreads profitieren. Aus dem operativen Geschäft erzielte die VGS ein Adjusted EBIT im niedrigen dreistelligen Millionenbereich.
Im Geschäftsjahr 2024 hat der unabhängige Fernleitungsnetzbetreiber ONTRAS Gastransport GmbH, Leipzig, trotz eines Rückgangs der Transporterlöse sowie des allgemeinen Kostenanstiegs einen wesentlichen Ergebnisbeitrag im oberen zweistelligen Millionenbereich zum Gesamtergebnis der VNG beigetragen.
Im Geschäftsbereich digitale Infrastruktur wurde 2024 erneut signifikant in den Glasfaserausbau investiert und das Infrastrukturservicegeschäft ausgebaut. Das adjusted EBIT des Geschäftsbereichs bewegt sich zum Geschäftsjahresende stabil in niedriger zweistelliger Millionenhöhe.
Die BALANCE Erneuerbare Energien GmbH, Leipzig, ist im Geschäftsjahr 2024 mit 42 Anlagen in Nord- und Ostdeutschland zu einem der führenden Anlagenbetreiber Deutschlands gewachsen. Derzeit verfügt die BALANCE über eine installierte Feuerungswärmeleistung von rund 197 MWFWL. Damit können jährlich mehr als 180.000 Haushalte mit „grüner“ Energie versorgt werden. Als flexibler erneuerbarer Energieträger ist Biogas ein regionaler Wertschöpfungstreiber und schafft insbesondere in ländlich geprägten Regionen nachhaltige Arbeitsplätze. Nach Aussage von Hans-Joachim Polk, Vorstandsmitglied für Infrastruktur und Technik der VNG AG, wird das Unternehmen das Engagement über die BALANCE in den kommenden Jahren weiter ausbauen und beabsichtigt in den weiteren Anlagenerwerb zu investieren. Der Geschäftsbereich Biogas erzielte in einem sehr herausfordernden Marktumfeld ein positives EBIT.
Investitionen in dekarbonisierte Energiezukunft Mitteldeutschlands: Wasserstoff-Kernnetz, Energiepark Bad Lauchstädt und GreenRoot
Im Sommer 2024 wurde mit der ONTRAS-Beteiligung am bundesweiten Wasserstoff-Kernnetz der Weg für die größte Einzelinvestition der über 65-jährigen Unternehmenshistorie geebnet. Mit diesem bedeutenden Vorhaben im Bereich der Dekarbonisierung soll die Umstellung bestehender Infrastrukturen vorangetrieben und unmittelbar in die Zukunftsfähigkeit des ostdeutschen Wirtschaftsstandorts investiert werden, so H.-J. Rodestock.
Die ONTRAS hat sich im gemeinsamen Kernnetz-Antrag der Gasnetzbetreiber als verantwortliches Unternehmen für zunächst rund 600 km Wasserstofftransportleitungen im mitteldeutschen Raum benannt. Gut 80 % davon sind bestehende Erdgasleitungen, die auf Wasserstoff umgestellt werden. Rund 20 % sollen neu gebaut werden. Im Oktober 2024 hat die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, Bonn, den Antrag zur Errichtung des deutschlandweiten Wasserstoff-Kernnetzes genehmigt. Ziel des Unternehmens ist, allein in Sachsen für dessen Aufbau in den kommenden Jahren über ONTRAS mehr als 100 Mio. Euro zu investieren. Mit diesem Netz werden wichtige Industriezentren in der Region mit internationalen Erzeugern verbunden. Damit kann die VNG nicht nur regionale Wertschöpfung verankern, sondern über die ONTRAS auch aktiv einen Wettbewerbsvorteil mitgestalten.
Im Energiepark Bad Lauchstädt, in dem gemeinsam mit sechs Konsortialpartnern erstmals die gesamte Wertschöpfungskette von „grünem“ Wasserstoff im industriellen Maßstab abgebildet wird, konnten 2024 weitere wichtige Meilensteine erzielt werden: Im Januar 2024 wurde der erste Windstrom eingespeist und der Windpark, in dem acht Windräder 50 MW erneuerbaren Strom erzeugen, konnte im Frühjahr fertiggestellt werden. Die Arbeiten laufen weiter auf Hochtouren, ebenso die Umstellung der bisherigen Erdgasleitung auf Wasserstoff. Noch im April dieses Jahres wird die ONTRAS mit einer 25 km Leitung von Bad Lauchstädt nach Leuna eine weitere Wertschöpfungsstufe des Energieparks in Betrieb nehmen. Diese wird zugleich das erste Teilstück des Wasserstoff-Kernnetzes in Ostdeutschland sein. Als weiteres großes Highlight steht im dritten Quartal 2025 die Inbetriebnahme und der Probebetrieb des 30 MW-Elektrolyseurs an, um im Anschluss mittels Elektrolyse jährlich 2.700 t „grünen“ Wasserstoff zur kommerziellen Nutzung ins Netz einzuspeisen und an den Ankerkunden, die TotalEnergies Raffinerie Mitteldeutschland GmbH, Leuna, zu liefern, berichtet H.-J. Polk.
Zum Ausbau des „Grüngasgeschäfts“ in Ostdeutschland treibt die VNG AG darüber hinaus mit der VNG H&V und dem niederländischen Wasserstoff-Unternehmen HyCC B.V., Amersfoort, ein weiteres Vorhaben voran, um in Lutherstadt Wittenberg einen Elektrolyseur zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff zu errichten. Ab 2029 sollen jährlich rund 50.000 t „grüner“ Wasserstoff produziert werden, um die lokal ansässige Industrie, wie zum Beispiel das Chemieunternehmen SKW Stickstoffwerke Piesteritz GmbH, Lutherstadt Wittenberg, sowie durch den Anschluss an das Wasserstoff-Kernnetz auch überregionale Abnehmer, dabei zu unterstützen, Erdgas perspektivisch zu ersetzen und CO2-Emissionen zu reduzieren.
Investitionen benötigen stabile und rechtssichere energiepolitische Rahmenbedingungen
Damit die Strategie „VNG 2030+“ sowie die damit verbundenen ambitionierten Ziele hin zu Biogas und Wasserstoff umgesetzt werden können, braucht das Unternehmen aus Sicht von U. Heitmüller politische Rahmenbedingungen, die stabil und rechtssicher sind und langfristige Investitionsentscheidungen ermöglichen. Deshalb setzt die VNG auf ein klares politisches Bekenntnis zu Wasserstoff: Auf nationaler Ebene zur Stärkung von Förderinstrumenten und der Netzentgeltbefreiung von Elektrolyseuren über 2030 hinaus; auf EU-Ebene hinsichtlich einer pragmatischen Regulatorik zur Produktion von „grünem“ und dekarbonisiertem Wasserstoff.
Abschließend betont U. Heitmüller, dass Verlässlichkeit und Stabilität die VNG seit mehr als 65 Jahren auszeichnet, indem sie eine stets sichere Versorgung mit Gas gewährleistet. Damit sie weiter für Energie sorgen kann, die nicht nur heute, sondern auch morgen gebraucht wird, muss die neue Bundesregierung jetzt sehr schnell richtungsweisende Entscheidungen treffen. Das betrifft unter anderem den Erhalt und Ausbau von Biogas- und Biomethananlagen, die Kraftwerksstrategie, das Gesetz zur Speicherung und zum Transport von Kohlendioxid sowie den rechtlichen Rahmen für den Wasserstoffhochlauf.