Der am 28. August 2024 vom Bundeskabinett beschlossene Bericht zur Evaluierung der Treibhausgasminderungs-Quote eignet sich nach Mitteilung der UFOP Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen e. V., Berlin, nicht zur Bewertung dieser komplexen gesetzlichen Regelungen und muss nach Ansicht der Förderunion vor der Beratung im Deutschen Bundestag nachgebessert werden. Der Verband bemängelt die unzureichende Evaluierungstiefe zur Beurteilung der vielfältigen positiven wie negativen Wirkungseffekte des gesetzlichen Rahmens. Trotz Verlängerung der Abgabefrist hat das zuständige Bundesumweltministerium offenbar auf eine vertiefende und umfassende Analyse und Bewertung verzichtet.
Die UFOP weist darauf hin, dass der Bericht gemäß THG-Quotengesetz bereits zum 31. März 2024 dem Deutschen Bundestag hätte vorgelegt werden müssen. Künftig soll diese Berichterstattung alle zwei Jahre erfolgen. Diese Verpflichtung hatte die UFOP im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens begrüßt, angesichts der Diskussion zur Einführung datierter, von den Unternehmen der Mineralölwirtschaft zu erfüllenden und bis 2030 auf 25 % schrittweise steigenden THG-Minderungsvorgaben. Deutschland ging mit dieser Regelung innerhalb der EU voran. Ziel war es, den Handlungsdruck zur Erfüllung der THG-Minderungsverpflichtung bis 2030 mit einem umfassenden Förderrahmen zu begegnen, der möglichst alle Erfüllungsoptionen einschließt. Bekanntlich stellt insbesondere der Verkehrssektor die Politik und Wirtschaft vor sehr große Herausforderungen, die Minderungsvorgaben zu erreichen, die künftig auch im Flug- und Schiffsverkehr gelten. Die UFOP betont deshalb erneut die Vorbildfunktion dieser Regelung und sieht sich in ihrer Haltung bestätigt, denn die Novellierung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) sieht ausdrücklich die Option der Einführung einer THG-Minderungsverpflichtung auf nationaler Ebene vor, mit der Zielvorgabe einer THG-Minderung von mindestens 14,5 %.
Die geänderte EU-Richtlinie muss bis Mai 2025 national umgesetzt werden. Gerade deshalb ist dieser erstmals vorzulegende Bericht aus Sicht der UFOP von großer Bedeutung für die weitere politische Diskussion, wenn im Herbst dieses Jahres der Gesetzesentwurf zur Änderung der THG-Quotenverpflichtung im Bundestag diskutiert wird. Mit der verzögerten Vorlage des Berichtes setzt die Bundesregierung sich selbst und den Bundestag unnötig unter Zeitdruck, stellt die UFOP weiter fest.
Im Detail kritisiert die Förderunion, dass der Bericht nur auf den Evaluations- und Erfahrungsbericht der BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, Bonn, aus dem Jahr 2022 Bezug nimmt. Der von der UFOP wiederholt betonte und bereits vor 2022 ausgelöste Effekt des auf THG-Minderungseffizienz ausgerichteten Wettbewerbs im Biokraftstoffmarkt wird nicht erwähnt, obwohl sich infolge dieser Regelung die Rohstoffzusammensetzung der in Deutschland auf die Quotenverpflichtung angerechneten Biokraftstoffe zunehmend in Richtung Abfallöle und Reststoffe ausgerichtet hat. Ebenso unerwähnt bleibt die Tatsache, dass die Anrechnung von Biokraftstoffen aus Palmöl seit 2023 nicht mehr möglich ist. Die beigefügte Grafik zeigt die Änderung der Rohstoffzusammensetzung im Zeitablauf.
Der Anteil der Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse, insbesondere aus Rapsöl, ist seit der Einführung der THG-Quotenregelung rückläufig. Der Bericht der BLE weist für 2022 rund 600.000 t Biodiesel aus Rapsöl aus, das entspricht einer Anbaufläche von rund 400.000 ha – bei einem Gesamtumfang des Rapsanbaus von rund 1,1 Mio. ha in Deutschland. Ein Großteil stammt jedoch aus Australien, weil der THG-Wert für Sommerraps aus dieser Region gegenüber der heimischen Ware vorteilhaft ist. Analog zur stärkeren Verwendung von Biokraftstoffen aus Abfallölen, die ebenfalls vorzugsweise eingesetzt werden, sinkt insgesamt der physische Bedarf zur Erfüllung der THG-Quotenverpflichtung. Dieser Effekt wird bezahlt und ist ablesbar an unterschiedlichen Preisen der aus diesen Rohstoffen hergestellten Biokraftstoffe. Eine vertiefende Marktanalyse für diesen wichtigen, durch die THG-Verpflichtung ausgelösten und ressourcenpolitisch erwünschten Effekt fehlt im Bericht. Der Bericht informiert nicht einmal darüber, ob die gesetzlich vorgegebenen Kappungsgrenzen für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse in Höhe von 4,4 % – bzw. 1,9 % für Biokraftstoffe aus Abfallölen – überschritten wurde.
Bezüglich der Betrugsvorfälle bei UER-Zertifikaten und der unter Betrugsverdacht stehenden Importe von Biodiesel aus China wird lediglich der bekannte Sachstand dargestellt, statt die erforderlichen weiterführenden und bereits im April dieses Jahres von den Fachverbänden in einem Workshop des BMUV Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Bonn/Berlin, vorgetragenen Vorschläge und Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung zu erläutern. Dies betrifft aus Sicht der UFOP insbesondere die Festlegung der sogenannten Abfallcodes und den erforderlichen Harmonisierungsbedarf. Die aktuelle gesetzliche Regelung sieht einen niedrigen Schwellenwert als Quotenverpflichtung für sogenannte „fortschrittliche“ Biokraftstoffe vor. Dieser wird mit den im Bericht erläuterten Biokraftstoffen aus POME (Abfallöle aus der Palmölherstellung) mit einer vergleichsweisen geringen Menge überschritten. Der mit der Doppelanrechnung ausgelöste Verlagerungseffekt in der Abfallrohstoffbeschaffung und Verarbeitung hat zu einer Sogwirkung mit den negativen Folgen geführt. Die UFOP erinnert daran, dass die RED II hier nicht konsequent umgesetzt wurde. Die Richtlinie sieht in Artikel 28 (6) ausdrücklich vor, dass nur Rohstoffe in Teil A des Annex IV der Richtlinie als Voraussetzung für die Doppelanrechnung zugeordnet werden dürfen, die mit fortschrittlichen Technologien zu einem genormten Biokraftstoff verarbeitet werden können. Diese Bedingung der Prüfung auf Rohstoff- und Technologieinnovation wurde nach Meinung der UFOP praktisch nicht vollzogen.
Das Ergebnis dieser Fehlentwicklung ist ein durch die Doppelanrechnung ausgelöster großer Überhang an THG-Quoten, der den physischen Mengenbedarf künftig entsprechend mindern wird, gemäß der Schätzung der UFOP für Biodiesel/HVO für das Quotenjahr 2024 (s. Grafik). Darüber hinaus hat dieser Überschuss zu einem sehr starken Preisverfall geführt, der die gesamte Warenkette der Biokraftstoffbranche und Investoren beispielsweise im Biomethansektor betrifft, aber auch die E-Mobilität zur Finanzierung von E-Bussen aus THG-Quotenerlösen. Keine Aussage trifft der Bericht zur Weiterentwicklung der Kraftstoffstrategie bzgl. der Bestandsflotte. Die Herausforderung des Betriebs von rund 40 Mio. Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor nach 2030 wird praktisch ignoriert. Die UFOP hatte wiederholt eine Kraftstoffstrategie angemahnt mit dem Ziel, alternative Kraftstoffe mit hoher Energiedichte gezielt in Bereiche mit hoher Leistungsanforderung einzusetzen, wo die Physik der Elektrifizierung Grenzen setzt.
Die UFOP sieht daher einen erheblichen Nachbesserungsbedarf am Bericht, bevor dieser dem Deutschen Bundestag zur Beratung übermittelt wird.