Mit dem Ende der Verarbeitung von Rohöl im Werksteil Wesseling macht der Energy and Chemicals Park Rheinland der Shell Deuschland GmbH, Hamburg, ein weiteren Schritt in der Transformation hin zu einer Produktionsstätte für kohlendioxidarme Produkte.
Die Abschaltung der Rohöl-Destillationseinheit (D500) ist eine Zeitenwende, denn sie markiert das Ende der Rohöl-Verarbeitung zu Kraft- und Heizstoffen am traditionsreichen Standort Wesseling. Seit Inbetriebnahme der Raffinerie 1940 wurden dort, zunächst aus Kohle, später aus Rohöl, Kraft- und Heizstoffe produziert. Neues Herzstück des Werksteils Wesseling wird künftig die gerade im Bau befindliche neue Anlage zur Produktion hochwertiger Grundöle sein. Grundöle kommen in Schmierstoffen, in der Pharma- und Kosmetikindustrie sowie als Kühlflüssigkeit zum Einsatz – in Produkten also, die bei ihrer Nutzung in aller Regel nicht verbrannt werden und so keinen oder nur geringen CO2-Ausstoß verursachen.
Die Shell wird trotz Abschaltung der D500 nach eigener Aussage weiter alle vertraglichen Lieferverpflichtungen erfüllen können. Die Rohöl-Verarbeitung im Werksteil Köln-Godorf bleibt in Betrieb, außerdem verfügt die Shell über Industrienetzwerke in Europa sowie einen sehr leistungsfähigen Handelsarm.
Investitionen am Standort schaffen Perspektiven und sichern Arbeitsplätze
Laut Mona Neubaur, Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie in Nordrhein-Westfalen, steht die Raffinerien wie kaum eine andere Industriebranche vor umfassenden Veränderungen. Sie erklärt, dass diese ihre Geschäftsmodelle neu ausrichten müssen und zeigt sich erfreut, dass die Shell im Rheinland auf diesem Weg voran kommt. Sie betont, dass nur diejenigen, die rechtzeitig in neue Technologien und Prozesse investierten, künftig wettbewerbsfähig sein können. Diese Investition ist ein erster Schritt in Richtung Klimaneutralität und zur langfristigen Sicherung des Standorts, was die Landesregierung ausdrücklich begrüßt.
Marco Richrath, Senior Vice President Chemicals & Products Europa der Shell plc, London, hebt die Bedeutung des Projekts hervor und erklärt, dass die Shell sich das Ziel gesetzt hat, global bis 2050 ein Netto-Null-CO2-Unternehmen zu werden und mehr Wert mit weniger Emissionen zu generieren. Die signifikanten Investitionen im Energy and Chemicals Park Rheinland sind laut M. Richrath ein Beleg fürdas Engagement des Unternehmens, diese Strategie in die Tat umzusetzen und die Energiewende tatkräftig voranzutreiben, wenn die wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen stimmen. Der Clean Industrial Deal der Europäischen Kommission ist seiner Ansicht nach eine gute Initiative, die jetzt schnell umgesetzt werden muss.
Jan-Peter Groot Wassink, General Manager des Shell Energy and Chemicals Park Rheinland, erläutert die Vorteile des Projekts und erklärt, dass die beiden Standorte künftig noch integrierter zusammenarbeiten werden. Künftig wird das Unternehmen mit Grundölen das Produkt-Portfolio von Shell Rheinland ausbauen. Dies schafft gute Voraussetzungen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und zugleich Emissionen zu reduzieren.
Der Bau der neuen Grundöl-Anlage hat bereits begonnen: Sechs massive Betonpfähle mit einem Durchmesser von über 1 m und einer Tiefe von 13 m tragen seit einigen Wochen die 54 m hohe Vakuumkolonne der neuen Anlage, welche die Silhouette des Parks schon jetzt prägt. Ein technologisches Highlight ist der elektrische Prozessofen, der erste seiner Art in der petrochemischen Industrie, der den CO2-Ausstoß der Anlage weiter reduzieren wird. Ab 2028 soll die Anlage hochwertige Grundöle produzieren.
- Zusatzinformationen
Der Shell Energy and Chemicals Park Rheinland liegt im Kölner Süden und ist nach eigenen Angaben der größte Raffinerie-Standort Deutschlands und einer der größten in Europa. Rund 3.000 Menschen produzieren dort Diesel- und Ottokraftstoffe, Kerosin, Heizöl sowie Produkte für die chemische Industrie. - Die Shell stellt derzeit an dem Standort im Rheinischen Revier wichtige Weichen für zukunftsweisende Energiewendeprojekte. Im Frühjahr 2024 ging Deutschlands bis dato größte Anlage zur Produktion von Bio-LNG (verflüssigtes Biomethan) in Betrieb. Diese produziert aus nachhaltigen Rohstoffen wie Gülle, Mist oder organischen Reststoffen jährlich rund 100.000 t des kohlendioxidärmeren Kraftstoffes, was eine CO2-Reduktion von bis zu 1 Mio. t entspricht.
- Bereits seit 2021 produziert ein 10-MW-Elektrolyseur (REFHYNE 1) nachhaltigen Wasserstoff. Derzeit wird ein weiterer Wasserstoff-Elektrolyseur (REFHYNE 2) mit einer Leistung von 100 MW errichtet, der bis 2027 seinen Betrieb aufnehmen wird.
- Die angestrebte Produktionskapazität der neuen Anlage an Basisölen der Gruppe R3 liegt bei 300.000 t/a. Der Bedarf an Basisölen liegt nach Marktschätzungen bei rund 700.000 t in Deutschland und über 3.000.000 t in Europa. Auf Basis dieser Annahmen ist die neue Anlage im Rheinland in der Lage, rund 9 % des EU-Bedarfs oder rund 40 % des deutschen Bedarfs abzudecken. In Deutschland wird sie zum Zeitpunkt der Fertigstellung 2028 die größte Basisöl-Anlage sein, in Europa liegt sie in den Top-10.