Nachhaltige Kraftstofflogistik: Johannes Kuhlmann, Geschäftsführer der VTA Software & Service GmbH, erklärt im Interview mit dem eot wie die Digitalisierung dabei unterstützt

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Digitalisierung & IT, Interviews, Logistik
Johannes Kuhlmann, Geschäftsführer der VTA Software GmbH, erklärt die Herausforderungen in der Distribution von Energieträgern und wie die Digitalisierung helfen kann.
Foto: VTA Software & Service GmbH

Die Energiebranche steht vor großen Herausforderungen in der Distribution von Energieträgern. Dabei müssen Tanklager und Raffinerien Lösungen für die Anforderungen künftiger Lieferketten finden.

Die Versandlogistik, die häufig noch nach alten Standards arbeitet, sieht sich in diesem Prozess vielen Herausforderungen gegenüber. Neben den hohen Anforderungen an Logistikprozesse, insbesondere im Bereich Gefahrgüter, kommen die Auflagen zur Optimierung der CO2-Emissionen hinzu, die sich entlang der gesamten Lieferkette bemerkbar machen.

Johannes Kuhlmann, Geschäftsführer der VTA Software & Service GmbH, Gelsenkirchen, sieht einen Lösungsansatz für diese Herausforderungen in der Digitalisierung der Branche über alle Prozesse hinweg: vom Datenaustausch über sämtliche Logistikprozesse bis hin zu den Checklisten und Compliance-Themen. Dies erklärt er im Interview mit dem eot ausführlich. J. Kuhlmann beschreibt die VTA dabei als Pionier im Bereich IT-Lösungen für die Kraftstofflogistik und gibt Einblicke und Lösungsansätze für diese dynamische Phase des Wandels, in der sich die Branche derzeit befindet.

Herr Kuhlmann, können Sie uns einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen bei der Versandlogistik in Tanklagern und Raffinerien geben?
J. Kuhlmann: Die Transformation der Energiebranche hin zu strombasierten Energien ist unumkehrbar. Das bedeutet für die Branche, dass sie sowohl die aktuellen als auch künftigen Herausforderungen im Blick behalten muss. Flüssige Energieträger bleiben unverzichtbar, doch ihr Bedarf wird sich merklich verringern. Dadurch entsteht die Gefahr von Tanklagerschließungen aufgrund reduzierten Umschlags aber auch einer Erhöhung der Komplexität des Umschlags in Raffinerien, die durch die Vielfalt der alternativen Rohstoffe beispielsweise durch Co-Processing entsteht. Dabei bedeuten weniger Tanklager eine Verlängerung der Transportwege. Das wirkt sich negativ auf die Umwelt aus. Investitionen in die Verteilung müssen Klimaschutzaspekte berücksichtigen, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Außerdem anderen muss die Flexibilisierung der Umschlagplätze vorangetrieben werden.

Was kann durch den Datenaustausch über eine zentrale Plattform wie SIDEFLOW erreicht werden?
J. Kuhlmann: Die Digitalisierung sämtlicher Prozesse ist ein notwendiger Schritt in Richtung gezieltere Ressourcennutzung bei Verladestellen und Transporteuren. SIDEFLOW hilft dabei durch die zentrale Verwaltung von Daten und Aufgaben Prozesse effizienter zu gestalten. Dies führt beispielsweise zu einer Entzerrung von Verkehrsströmen an den Verladestellen, und zu einer zeitlichen Entkopplung der Erfassung und Prüfung von Daten und Dokumenten. Das bedeutet neben der Effizienzsteigerung auch die Reduktion des CO2-Ausstoßes entlang der gesamten Logistikkette.

Welche weiteren Vorteile ergeben sich durch den Einsatz von SIDEFLOW in der Energiebranche?
J. Kuhlmann: SIDEFLOW integriert Daten nahtlos in die Prozesse von Raffinerien, Tanklagern und Transportpartnern, ohne dass sich die Teilnehmer mit verschiedenen Systemen auseinandersetzen müssen. Dieser integrierte Ansatz fördert Prozesssicherheit, Transparenz, Effizienz und Flexibilität in der Lieferkette und führt langfristig zu einem digital geführten Tanklager mit minimaler Präsenz vor Ort. Dabei möchte ich erwähnen, dass es nicht nötig ist sofort den gesamten Prozess in Richtung Digitalisierung umzustellen. Wir empfehlen eher eine Schritt für Schritt Nutzung der Plattform je nach Bedarfslage.

Wie wirkt sich die Integration von Transportpartnern in eine zentrale Plattform wie SIDEFLOW auf die Effizienz der Routenplanung und die Reduzierung von Lieferzeiten aus?
J. Kuhlmann: Durch Integration der Tourenplanung der Transporteure und Verfügbarkeiten an den Verladestellen über SIDEFLOW können die Lieferzeiten reduziert und die Prozesse optimiert werden. Staus an Ladestellen werden auf diese Weise für alle Beteiligten vermieden, und die Planbarkeit verbessert sich erheblich.

Besonders sichtbar ist dies bei Gefahrguttransporten. Hier besteht immer die Notwendigkeit alle Fahrer- und Fahrzeugdaten nachzuweisen. Zusätzlich sind in diesem Fall umfangreiche Unterweisungen zu absolvieren, die durch SIDEFLOW vorab erledigt werden können. Die entsprechenden Informationen stehen dann zentral bereit. Die Datenaustauschplattform entkoppelt diese Vorgänge von der örtlichen Präsenz, denn die Korrektheit aller Daten und Dokumente und das Ergebnis der Unterweisungen können zentral gecheckt werden. Vor Ort ist dann nur noch ein endgültiger Abgleich der vorhandenen Papiere, der Fahrer und des Fahrzeugs nötig, aber kein tieferes Verständnis für die Inhalte.

Auch die Gefahrgutangaben können als digitales Beförderungsdokument papierlos bereitgestellt werden und im Einsatzfall von Behörden und Einsatzkräften zentral abgerufen werden. Wir sehen, dass die entsprechenden Formulare aufgrund der Vielfalt der Stoffe und der Auflagen immer komplizierter werden, sowohl inhaltlich als auch sprachlich.

Wie unterstützt SIDEFLOW Unternehmen bei der Einhaltung von Vorschriften und der Sicherstellung der Compliance in der Lieferkette?
J. Kuhlmann: SIDEFLOW unterstützt Unternehmen bei der Einhaltung von Vorschriften dadurch, dass es sicherstellt, dass alle für den Nachweis der Eignung von Fahrer und Transportmittel benötigten Informationen und e-Dokumente vollständig und korrekt vorhält. Erinnerungen an fehlende Dokumente, die Überwachung von Fristen und die Protokollierung sämtlicher relevanter Vorgänge wird über SIDEFLOW geregelt. Im Anforderungsfall können diese geforderten Dokumentationen den Behörden vollständig bereit gestellt werden. Dies gewährleistet die rechtliche Konformität und verbessert die Transparenz von den Stammdaten bis zu Disposition und Verladedaten.

Welche langfristigen Vorteile bietet die Nutzung von SIDEFLOW für Unternehmen in der Energiebranche hinsichtlich Kostenreduktion, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit?
J. Kuhlmann: Personal kann effizienter eingesetzt werden. Die Mitarbeitenden können sich auf ihre eigentlichen Kompetenzen fokussieren und müssen sich nicht mehr mit den Begleiterscheinungen des gesamten Prozesses auseinandersetzen. Auch die Umstellung von Raffinerien auf neue Einsatzstoffe kann wesentlich effizienter und schneller gestaltet werden. Schlanke und ressourcenschonende Prozesse können aufgebaut werden. Auch durch diese Einsparungen kann eine signifikante Reduktion des CO2-Ausstoßes über die Ablaufkette erzielt werden.

Wie sehen Sie die Zukunft der Versandlogistik in Tanklagern und Raffinerien unter Berücksichtigung von Technologien wie SIDEFLOW und weiteren Innovationen?
J. Kuhlmann: Die rechtlichen Voraussetzungen für die Digitalisierung sind erfüllt, und es ist an der Zeit, diese umzusetzen. Entsprechende Maßnahmen sind künftig unverzichtbar. Als erfahrener Anbieter von Versandautomationslösungen für Tanklager und Raffinerien sowie Betreiber eines Standardportals für CO2-Bilanzierung und Quotenanmeldung (CEEMAS) bringen wir unsere Expertise in die Verbesserung der Logistikprozesse ein und verbinden mit SIDEFLOW Ladestellen, Transporteure und Versender digital.

Die Zukunft der Versandlogistik wird durch Technologien wie SIDEFLOW in Kombination mit künstlicher Intelligenz weiter optimiert. Weiter gedacht können robotergestützte Systeme die Abläufe vor Ort noch weiter optimieren und den Menschen entlasten. Eine umfassende Datenbasis ist jedoch Voraussetzung für diese Entwicklung, und die Beteiligung der gesamten Branche ist dabei entscheidend. Wir fühlen uns als Vorreiter dieser Themen verpflichtet, die Branche mit unseren digitalen Lösungsansätzen auf dem Weg zur Klimaneutralität in allen Bereichen zu unterstützen.

Wie sieht die konkrete Umsetzung eines SIDEFLOW-Projektes aus?
J. Kuhlmann: Mit SIDEFLOW stellen wir ein Portal bereit, in dem Ladestellen, Spediteure, Reedereien, EVUs und Händler prozessorientiert gezielt Daten austauschen können. Dabei handelt es sich um Fahrer- und Transportmittelstammdaten sowie Dokumente, Unterweisungen, Dispositionen und Tourenplanungen, Verladeslots sowie Lade- und Gefahrgutdaten.

Dazu müssen sich die Teilnehmer nicht mit den einzelnen Systemen der Partner auseinandersetzen, sondern nur mit der cloudbasierten Plattform. Einmal registriert, werden die Daten automatisch in die unterschiedlichen Prozesse der Raffinerien, Tanklager oder Transportpartner integriert. Diese Integration erfolgt modular und schrittweise, was die Einführung vereinfacht und das Investitionsrisiko erheblich reduziert.

Im Endausbau führt SIDEFLOW zu unserer Vision einer digital geführten Ladestelle mit minimaler Präsenz vor Ort, großer Transparenz und auf Abruf einsetzbarer Ressourcen. Dabei ist unsere Motivation die Begleitung der Branche in eine nachhaltige Zukunft. Wir möchten die eingesetzten Versandautomationssysteme keineswegs ersetzen, sondern in die Abläufe integrieren. SIDEFLOW setzt oberhalb der vorhandenen Systeme an und strukturiert die Daten, um sie sinnvoll in die benötigten Prozesse zu integrieren. Wir schauen gemeinsam mit unseren Kunden nach ihren Prozessen, schlagen Optimierungen vor und ihnen zeigen, wie SIDEFLOW sie dabei unterstützt.

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