LNG-Importe sind deutlich klimaschädlicher als offizielle Zahlen nahelegen

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Fossil
Foto: eot

Importiertes Flüssiggas (LNG) ist in der Regel mit hohen Emissionen in der Förder- und Transportkette verbunden und deshalb in hohem Maße klimaschädlich. Die Treibhausgaswirkung von LNG liegt um mindestens 50 % über den gängigen Emissionsfaktoren von Erdgas. Das geht aus der aktuellen Studie „Klimaschäden durch Erdgas“ des Beratungsbüros EnergyComment im Auftrag der Ökoenergiegenossenschaft Green Planet Energy eG, beide Hamburg, hervor. Wenn Deutschland sich als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und russischen Gas-Importstopp mit Flüssiggas eindecken muss, sollte die Bundesregierung zumindest darauf achten, dass die LNG-Nutzung zeitlich wie mengenmäßig auf das absolute Minimum begrenzt wird, fordert Sönke Tangermann, Vorstand der Green Planet Energy.

Allein bei der Verbrennung von Erdgas in Industrie und Haushalten entstehen laut UBA Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau, rund 200 g CO2/kWh. Aber schon vorher, auf dem Weg vom Bohrloch über den Transport an Land und auf See bis zum Endverbrauch, fallen erhebliche zusätzliche Emissionen an, zeigt der Report. Das Papier fasst die Fakten, Hintergründe und neue Erkenntnisse zum Thema kompakt und gut lesbar zusammen.

Als Gründe nennt die EnergyComment vor allem die großen Mengen an Methan, die bei der Förderung von Erdgas und beim Pipelinetransport entweichen. Methan ist über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet 82-mal klimaschädlicher als CO2. Dazu kommt der hohe Energieaufwand für die LNG-Verflüssigung, den Transport per – fossil angetriebenem – Spezialschiff und die erneute Umwandlung zu Gas am Zielort. Bezieht man diese Emissionen aus der Vorkette mit ein, dann hat LNG-Gas – selbst bei überdurchschnittlich günstigen Bedingungen – eine tatsächliche Klimaschädlichkeit von mindestens 300 g CO2e/kWh. LNG hat also eine deutlich höhere Treibhausgaswirkung, als die Werte des UBA nahelegen.

Außerdem kritisiert der Report eine Überdimensionierung der im Aufbau befindlichen LNG-Infrastruktur in Deutschland: Die Kapazitäten der schwimmenden LNG-Terminals (FSRU, „Floating Storage and Regasification Unit“) und der an Land fest installierten Anlagen – insgesamt sind elf Terminals geplant – summieren sich zusammen auf rund 80 Mrd. cbm Erdgas pro Jahr. Den Wegfall russischer Erdgas-Importe in der Größenordnung von 50 Mrd. cbm überschreitet dies bei Weitem. Auch der gesamte deutsche Jahresverbrauch dürfte 2022 geringer als 80 Mrd. cbm ausfallen, informiert die EnergyComment.

Nimmt die Bundesregierung ihre Klimaschutz-Versprechen ernst, darf LNG nur eine zeitlich eng befristete Übergangslösung bleiben, so S. Tangermann. Hauptziel der Bundesregierung muss aus seiner Sicht bleiben, dass Deutschland so schnell wie möglich komplett aus der Erdgasnutzung aussteigt und sie durch erneuerbare Energien substituiert. Soweit in der Zukunft noch Gas gebraucht wird, muss dies komplett aus erneuerbaren Quellen stammen. Vor allem „grüner“ Wasserstoff spielt dafür eine wichtige Rolle.

Hier aber liegt laut Report ein weiteres Problem des deutschen LNG-Ausbaus: die mangelnde Zukunftsfähigkeit der LNG-Terminals. Denn diese sind für eine spätere Anlandung und Verarbeitung von flüssigem Wasserstoff grundsätzlich nicht geeignet. Ein Wechsel auf die Wasserstoff-Technologie würde einen fast vollständigen Neubau der aktuell geplanten Flüssiggas-Anlagen erfordern. Es müssten zum Beispiel andere Stahlsorten und dichtere Komponenten verbaut werden, die auch mit niedrigeren Temperaturen umgehen können. Die Terminals sind trotz gegenteiliger offizieller Statements in keiner Weise „wasserstoff-ready“, so Dr. Steffen Bukold, Gründer und Leiter der EnergyComment, sowie Autor der Studie. Alternative Import-Verfahren, zum Beispiel auf Basis von Ammoniak, wären mit hohen Kosten und hohen Energieverlusten verbunden.

Kurzfristig kommt Deutschland in der jetzigen Situation um LNG-Lieferungen zur Energiesicherung nicht herum. Um trotzdem nicht im fossilen Lock-In mit neuen, schädlichen Abhängigkeiten zu enden, muss mit deutlich mehr Ambition auf Energieeffizienz, Erneuerbaren-Ausbau und heimische Wasserstoff-Produktion gesetzt werden, so das Fazit von S. Tangermann: Der fossile Gasverbrauch muss so schnell wie möglich auf null sinken – das gilt für LNG wie Pipeline-Gas gleichermaßen.

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