Klimaneutralität: Schiffstreibstoff aus Abwasser

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Forschung & Entwicklung, Mobilität & Kraftstoffe, Unternehmen
ICODOS, eine Ausgründung aus dem KIT, entwickelt vollintegrierte, vollautomatische und dynamisch betriebene E-Methanol-Anlagen.
Foto: KIT

Rund 80.000 Klärwerke gibt es in Europa – und damit viel Potenzial für ein neuartiges, klimaneutrales Verfahren, um die Allzweckchemikalie Methanol zu produzieren. Das am KIT Karlsruher Institut für Technologie gegründete Start-up ICODOS GmbH, Mannheim, hat gemeinsam mit Partnern eine Anlage im Mannheimer Klärwerk errichtet, die anfallendes Biogas reinigt und mit „grünem“ Wasserstoff zu einem klimaneutralen Schiffstreibstoff umwandelt. Diese wurde jetzt eröffnet.

Die Schifffahrt ist nach Schätzungen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation für rund 3 % der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um das zu ändern, werden dringend umweltfreundliche Alternativen zu den herkömmlichen fossilen Treibstoffen benötigt. Ein Konsortium bestehend aus dem Institut für Mikroverfahrenstechnik und dem Institut für Automation und Angewandte Informatik des KIT, der Ausgründung ICODOS sowie dem Eigenbetrieb Stadtentwässerung Mannheim, hat am 24. März 2025 eine Demonstrationsanlage in Betrieb gesetzt, die Abwasser als Ressource nutzt, um klimaneutrales Methanol als künftigen Schiffstreibstoff herzustellen. Dr. Volker Wissing, Bundesminister für Digitales und Verkehr, drückte den Startknopf.

V. Wissing erklärt, dass Deutschland, um die Klimaschutzziele zu erreichen, sich alle technologischen Optionen offenhalten muss. Neben der Elektrifizierung und wasserstoffbasierten Antrieben werden klimafreundliche Kraftstoffe benötigt, insbesondere in der maritimen Schifffahrt. Deutschland sollte bei der Erforschung und Entwicklung eine Vorreiterrolle einnehmen. Darin liegt aus Sicht des Verkehrsministers ein Wachstumsmarkt der Zukunft. Es geht auch darum, das Land unabhängig von Energieimporten zu machen. „Mannheim 001“ zeigt, wie Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz Hand in Hand gehen können. Dieses Projekt kann beispielgebend für viele weitere Standorte in Deutschland und Europa sein.

Die neue Anlage demonstriert laut Professor Thomas Hirth, Vizepräsident Transfer und Internationales des KIT, wie Forschung und Unternehmergeist praxisnahe Lösungen für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft hervorbringen können. Dort wird aus Biogas, das bei der Abwasserbehandlung anfällt, ein Wertstoff gewonnen – ein innovativer Ansatz, der zeigt, wie vorhandene Ressourcen intelligent und klimafreundlich genutzt werden können.

Das Leuchtturmprojekt „Mannheim 001“ ist ein weiterer Beweis, dass mit neuen Technologien Klimaschutz und industrielles Wachstum Hand in Hand gehen können, betont der ebenfalls anwesende Mannheimer Oberbürgermeister Christian Specht. Hier zeigt ein Start-up-Unternehmen aus dem Technologie- und Gründungszentrum Mafinex mit Unterstützung aus dem Klimafonds der Stadt Mannheim und in enger Kooperation mit der Stadtentwässerung, wie aus Abwasser „grüner“ Kraftstoff für die Schifffahrt hergestellt werden kann.

Innovatives Verfahren nutzt Biogas
Die Demonstrationsanlage „Mannheim 001“ nutzt ein patentiertes Verfahren, um Biogas aus Abwasser in klimaneutrales Methanol umzuwandeln. Das im Klärwerk entstehende Biogas wird zunächst gereinigt. Anschließend reagiert das darin enthaltene CO2 mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff zu Methanol – einem vielseitig einsetzbaren Rohstoff, der als Schiffstreibstoff oder in der chemischen Industrie eingesetzt werden kann. Mit der Technologie wird aus einer vorhandenen Quelle ein hochwertiger Energieträger gewonnen, erklärt Dr. Vidal Vazquez, Mitgründer von ICODOS. Allein in Deutschland könnten Kläranlagen jährlich mehrere Millionen Tonnen nachhaltiges Methanol produzieren. Durch die kompakte und skalierbare Bauweise eignet sich das Verfahren besonders für die dezentrale Umsetzung. Das aktuelle Projekt zeigt, dass Kläranlagen als Herzstück einer nachhaltigen Kraftstoffproduktion dienen können – ein Potenzial, das bislang ungenutzt geblieben ist, so V. Vazquez. ICODOS ist schon mit weiteren Kläranlagen im Austausch, um auch dort Produktionsanlagen zu errichten.

Über ICODOS
Die ICODOS GmbH ist ein Climate-Tech-Start-up. Hervorgegangen aus einem Forschungsprojekt am KIT, hat sich das Unternehmen darauf spezialisiert, aus regenerativen Quellen wie Biogas und CO2 in Kombination mit erneuerbarem Strom nachhaltige Kraftstoffe und Chemikalien herzustellen. Ziel der ICODOS ist, mithilfe von Verfahrenstechnik und modularen Anlagen einen ökonomisch tragfähigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

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