KIT: Forschungsinfrastruktur für innovative Stromnetze

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Erneuerbarer Strom, Forschung & Entwicklung
Visualisierung des HPGLs mit Labor- und Bürogebäude sowie der Netzemulatoren auf dem Außengelände.
Foto: Nadine Rönnau

Dezentrale Einspeisungen von Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzen vermehrt zentrale Kraftwerke. Dies verändert die Anforderungen an die Stromnetze. Am High Power Grid Lab (HPGL) werden künftig neue Netztechnologien in einer Testumgebung untersucht, die das reale Stromnetz so präzise wie möglich nachbildet. Im Fokus stehen Nieder- und Mittelspannungsnetze zur regionalen Stromverteilung. Die Testplattform soll im Jahr 2030 als Teil des Energy Lab am KIT Karlsruher Institut für Technologie in Betrieb gehen. Ihr Bau wird mit 32,8 Mio. Euro aus Mitteln für strategische Ausbauinvestitionen der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V., Bonn, finanziert.

M. Hiller, Leiter des Elektrotechnischen Instituts (ETI) am KIT, erklärt, dass mit dem HPGL eine weltweit einzigartige Forschungsumgebung geschaffen wird, um das Verhalten innovativer Netzbetriebsmittel unter realistischen Bedingungen zu untersuchen. Diese Infrastruktur wird eine entscheidende Rolle dabei spielen, neue Technologien für den Umbau der Stromnetze zu entwickeln. Ziel des HPGL ist es, das Systemverhalten neuartiger Netzbetriebsmittel wie Stromrichter für Mittelspannungs-Gleichstromnetze in ihrer möglichst realen Netzumgebung zu erforschen.

Durch die zunehmende Elektrifizierung gewinnen miteinander gekoppelte Mittelspannungsnetze, regionale Verteilnetze sowie Industrienetze immer mehr an Bedeutung. Das Smart Energy System Simulation and Control Center des Energy Lab am KIT kombiniert die Echtzeitsimulation von Stromnetzen mit den künftig im HPGL verfügbaren Emulatoren für Mittelspannungsnetze. Dabei bestimmt die Echtzeitsimulation das Systemverhalten der Stromnetze, während die Emulatoren dieses Verhalten in der realen Welt mit realen Leistungsfluss nachbilden. So können verschiedene Komponenten umfassend erprobt werden. Es entsteht eine flexible Testumgebung – Power Hardware in the Loop –, die mit ihrem Verhalten das reale Netz so exakt wie möglich darstellt. So lässt sich zum Beispiel der Energiefluss von einem Mittelspannungsnetz in ein anderes regeln. Als eine der größten Forschungsplattformen Europas verknüpft das Reallabor Energy Lab Versuchsanlagen zur Stromerzeugung, Energiespeicherung und -nutzung miteinander, um ein intelligentes Gesamtsystem zur Energieversorgung zu entwickeln.

Modernste Technologie für Mittelspannungsnetze
Laut Lukas Stefanski, wissenschaftlich-technischer Projektleiter des HPGL, werden die im HPGL eingesetzten Mittelspannungs-Emulatoren speziell für dieses Projekt entwickelt. Es können Wechselspannungsnetze bis 20 kV und Gleichspannungsnetze bis 35 Kilovolt transformatorlos bis zu einer Leistung von 40 MVA emuliert werden. Für Dr. Rüdiger Schwendemann, Teilprojektleiter für die HPGL-Komponenten, ist das ein entscheidender Fortschritt für die Forschung an leistungsstarken Technologien für die immer wichtiger werdenden Mittelspannungs-Verteilnetze. Er betont, dass es ein zentrales Ziel des HPGL ist, innovative leistungselektronische Betriebsmittel für Mittelspannungsnetze zu entwickeln und unter realen Bedingungen zu testen. Die Emulatoren erlauben es, das Netzverhalten präzise abzubilden sowie Betriebs- und Fehlerzustände reproduzierbar und sicher zu emulieren.

Nationale und internationale Kooperation für die Energiewende
An dem Gesamtprojekt sind am KIT neben dem ETI das Institut für Elektroenergiesysteme und Hochspannungstechnik, das Institut für Automation und angewandte Informatik sowie das Institut für Technische Physik beteiligt. Außerdem sind in der Aufbauphase viele nationale und internationale Industrieunternehmen, Netzbetreiber sowie Forschungsinstitute involviert. Das HPGL bildet damit eine Brücke für den schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die praktische Anwendung – ein entscheidender Aspekt für die erfolgreiche Umsetzung der Energiewende.

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