Im Jahr 2022 erreichen die fossilen CO2-Emissionen weltweit 36,6 Mrd. t CO2 und werden somit leicht höher liegen als vor der Corona-Pandemie. Zusammen mit Landnutzungsemissionen von 3,9 Mrd. t belaufen sich die Gesamtemissionen auf 40,6 Mrd. t und damit leicht unter den bislang höchsten Werten von 2019 (40,9 Mrd. t).
Dies zeigt der aktuelle Bericht des Global Carbon Projects.
Die weiter hohen Emissionen stehen im Widerspruch zu dem Rückgang, der nötig wäre, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Um die globale Erwärmung mit einer 50%-Wahrscheinlichkeit auf 1,5 °C zu begrenzen, dürfen insgesamt nur noch 380 Mrd. t CO2 emittiert werden. Wenn man von den Emissionswerten des Jahres 2022 ausgeht, wird diese Menge jetzt schon in neun Jahren erreicht sein.
Klimapolitik und technologischer Wandel greifen noch nicht genug
Der Bericht zeigt, dass sich das langfristige Wachstum der fossilen Emissionen abgeschwächt hat. 24 Länder mit wachsenden Volkswirtschaften haben ihre fossilen CO2-Emissionen sogar gesenkt.
Doch dies reicht nicht, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Um bis zum Jahr 2050 null CO2-Emissionen zu erreichen, müssten die gesamten anthropogenen CO2-Emissionen um durchschnittlich 1,4 Mrd. t CO2 pro Jahr gesenkt werden, vergleichbar mit dem beobachteten Rückgang der Emissionen im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie, was das Ausmaß der erforderlichen Maßnahmen verdeutlicht.
Die prognostizierte Zunahme der fossilen CO2-Emissionen im Jahr 2022 ist vor allem auf den höheren Ölverbrauch durch den wieder gestiegenen Flugverkehr zurückzuführen. Dabei sind regionale Unterschiede deutlich spürbar. So werden die Emissionen im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 in China um rund 0,9 % und in der Europäischen Union um 0,8 % sinken. In anderen Regionen werden sie dagegen zunehmen: in den Vereinigten Staaten um 1,5 %, in Indien um 6 % und in der übrigen Welt um 1,7 %.
Dies spiegelt die derzeitigen geopolitischen Krisen und die Pandemielage wider: Der Rückgang der Emissionen in China ist auf die Auswirkungen coronabedingter Lockdowns zurückzuführen. In der EU dagegen ist der Rückgang vor allem durch die Einschnitte in der Gasversorgung zu erklären – die Emissionen liegen 2022 nahezu 10 % niedriger als im Vorjahr. Teils wird dies durch einen Anstieg der Emissionen aus Kohle (um 6,7 %) und Öl (um 0,9 %) kompensiert.
Der Bericht zum Global Carbon Budget 2022 wurde veröffentlicht, während sich die Staats- und Regierungschefs der Welt auf der COP27 in Ägypten trafen, um über die Klimakrise zu diskutieren. Es können laut Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU Ludwig-Maximilians-Universität München und Teil des Kernteams des Berichts, einige positive Entwicklungen beobachtet werden, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet sein müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 °C zu halten. Die fossilen Emissionen steigen, statt zu sinken. Die Landnutzungsemissionen liegen weiter hoch – im Widerspruch zu dem auf der letztjährigen Klimakonferenz gefassten Beschluss, bis 2030 die globale Entwaldung zu stoppen. Die Ambitionen müssen verschärft und ihre Umsetzung viel nachdrücklicher vollzogen werden, wenn die Ziele des Pariser Abkommens Realität werden sollen.
Tropische Entwaldung sorgt für hohe Emissionen
Einen großen Einfluss auf die globale Kohlenstoffbilanz hat neben fossilen Emissionen auch die Landnutzung durch den Menschen. So werden die Emissionen aus der Landnutzung in diesem Jahr bei geschätzt 3,9 Mrd. t CO2 liegen. Den größten Anteil hat die Entwaldung mit Emissionen von rund 6,7 Mrd. t CO2 pro Jahr im letzten Jahrzehnt – dort gibt es großes Potenzial für Emissionsreduktionen. Die Hälfte dieser Emissionen, 3,5 Mrd. t CO2, wird durch nachwachsende Wälder und Aufforstungen kompensiert. Diese Senken gilt es aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen, so Clemens Schwingshackl, Geograf am LMU, der ebenfalls zum Bericht beitrug.
Die Landnutzungsemissionen entstehen vor allem in den tropischen Regionen – Indonesien, Brasilien und die Demokratische Republik Kongo waren im letzten Jahrzehnt für zusammen 58 % der weltweiten Landnutzungsemissionen verantwortlich.
Der Bericht zum Global Carbon Budget erfasst auch den Verbleib der anthropogenen CO2-Emissionen in den natürlichen Senken. Für 2022 schätzen die Wissenschaftler die CO2-Aufnahme des Ozeans auf 10,5 Mrd. t, die auf dem Land auf 12,4 Mrd. t.
Die verbleibende knappe Hälfte der Gesamtemissionen lässt die atmosphärische CO2-Konzentration weiter steigen, auf 51 % über ihrem vorindustriellen Niveau.
Der Bericht zum Global Carbon Budget wird gemeinsam von mehr als 100 Wissenschaftlern aufgrund von Daten globaler Messnetzwerke, Satellitendaten, statistischen Erhebungen und Modellrechnungen erstellt. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven), der Ludwig-Maximilians-Universität (München), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (Hamburg), des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (Jena), des KIT Karlsruher Institut für Technologie, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (Kiel), des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde), des International Institute for Applied Systems Analysis (Laxenburg), der ETH Zürich und der Universität Bern beteiligt. Das Global Carbon Budget 2022 ist die 17. Ausgabe des jährlich erscheinenden Berichts, der durch unabhängige Experten begutachtet wird.