Gibt es etwas, das Sie persönlich in Ihrem Alltag verändert haben, um nachhaltiger zu leben?
Wir, die Geschäftsführer der H2NOW GmbH, haben nach 21 Jahren (Andre Stracke) und nach 29 Jahren (Stefan Schwarzer) unser berufliches Wirken genau auf das Ziel „Nachhaltigkeit“ ausgerichtet. Täglich setzen wir uns mit dem gesamten Team der H2NOW dafür ein, in Deutschland ein flächendeckendes Wasserstofftankstellennetz aufzubauen. Auch unsere Gesellschafter aus dem Mittelstand treiben die Transformation im Bereich einer klimaneutralen Mobilität bei den schweren Verkehren aktiv voran. Wir verstehen uns als Pioniere, die konkrete Lösungen schaffen, um den Verkehrssektor kohlendioxidneutral auszurichten.
Mit dem Aufbau eines bundesweiten Wasserstofftankstellennetzes treiben Sie nachhaltige Mobilität aktiv voran, insbesondere im Transportsektor. Welche Verantwortung übernimmt Ihr Unternehmen dabei für den Klimaschutz?
Im Rahmen unserer strategischen Ausrichtung haben wir uns verpflichtet, die Wasserstoffversorgung unserer Tankstellen ausschließlich mit „grünem“ Wasserstoff sicherzustellen.
Das Konzept der H2NOW-Wasserstofftankstellen ist darauf ausgelegt, mit dem zukünftigen Bedarf mitwachsen zu können. D.h. die Tankstellen können modular erweitert werden und in der Abgabeleistung von 1 t Tageskapazität auf max. 4 t Tageskapazität erweitert werden. In der technischen Auslegung ist unsere Anlagentechnik bereits heute auf die zukünftigen Standards im Bereich Tankprotokolle (Durchflussraten) und höheren Druckstufen vorgerüstet. Für unsere Kunden bedeutet das: Sie können unkompliziert auf neue Standards umsteigen – und das bei deutlich reduzierten Kosten sowie einer langfristigen Nutzung der Anlage.
Deutschland wird seinen Wasserstoffbedarf zu großen Teilen importieren, um den steigenden Bedarf hierzulande decken zu können. Wie bewerten Sie das, auch mit Blick auf Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit?
Wir halten es für essenziell, den Aufbau nationaler Elektrolysekapazitäten für „grünen“ Wasserstoff weiter voranzutreiben. Auf diese Weise kann ohne Abschaltung von Windkraft- oder Photovoltaikanlagen vorhandener „Grünstrom“ in „grünen“ Wasserstoff umgewandelt und gespeichert werden. Wir rechnen im Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft mit einem hohen Importbedarf aus Nordafrika und Südeuropa. Deshalb ist es für uns wichtig, dass die Pipelineanbindung der Regionen schnell und verlässlich umgesetzt wird. Die nationale Verteilung des „grünen“ Wasserstoffs über das Wasserstoffkernnetz wird dafür sorgen, dass „grüner“ Wasserstoff in der Fläche verfügbar wird.
Ein ebenso entscheidender Faktor ist der zügige Ausbau der nachgeschalteten Verteilernetze mit Ausspeisepunkten mit Aufreinigung und Abfüllung. Dieser muss von der Bundesregierung gerade für den Mobilitätssektor in die Umsetzung gebracht werden. Dies stellt eine klare Forderung der H2NOW an die Bundesregierung dar.
Dadurch kann der wachsende Bedarf an „grünem“ Wasserstoff sicher und kostengünstig gedeckt werden. Dies wird für die Versorgung im Mobilitätssektor ein zentraler Baustein in der Skalierungsphase sein.
Die Speicherung und die Logistik von Wasserstoff gelten als kostspielig und komplex. Wie begegnen Sie diesen Herausforderungen?
In der frühen Marktphase werden regionale „grüne“ Wasserstoffquellen genutzt werden. Diese liegen im Umfeld der Tankstellen und sind maximal 100 bis 150 km von der Wasserstofftankstelle entfernt. So kann die Logistik optimiert und zu vertretbaren Kosten organisiert werden. Einige unserer Wasserstofftankstellenprojekte entstehen sogar in unmittelbarer Nähe zu Elektrolyseanlagen. Diese direkte Anbindung stellt –
insbesondere in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit – eine besonders effiziente Lösung dar.
Welche Sicherheitsaspekte spielen beim Umgang mit Wasserstoff eine Rolle? Und wie adressieren Sie diese?
Bei der Auswahl unserer Anlagentechnik setzen wir ausschließlich auf erfahrene Anbieter mit einem flächendeckenden Kundendienst. Diese arbeiten nach dem SCC-Standard. Die Kontrollen und Wartungen finden präventiv statt, um einen sicheren Anlagenbetrieb zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass H2 kein neues Produkt ist und die von uns eingesetzten Lieferanten über langjährige Erfahrung verfügen. Genau diese Expertise war für uns ein zentrales Kriterium bei der Auswahl zuverlässiger Partner.
Was erwarten Sie von der Politik, um den Hochlauf von Wasserstoff im Transportbereich zu beschleunigen?
Wir erwarten vor allem Verlässlichkeit und langfristig sichere Investitionsbedingungen.Es darf nicht mehr vorkommen, dass die Politik ständig Richtungswechsel vornimmt. Es gilt die nationale Wasserstoffstrategie auch für den Mobilitätssektor konsequent umzusetzen und die Gesellschaft und Unternehmen besser zu informieren.
Wir sehen gerade in der zurückliegenden Informationspolitik erhebliche Defizite!
- Eine wirkliche Technologieoffenheit und den Abbau der vorhandenen Restriktionen. Die Politik muss den Mut haben, die Technologieentscheidung dem Markt zu überlassen. Dies fördert den Wettbewerb und treibt Innovation voran.
- Die Förderung von schweren Sattelzugmaschinen mit Brennstoffzelle oder Wasserstoffverbrennungsmotor ist für den Hochlauf der Produktionskapazitäten ein sehr wichtiger Baustein.
- Die Kosten für die Fahrzeuge müssen über einen Serienhochlauf schnell gesenkt werden.
- Die Energiebesteuerung der Fahrzeuge mit Wasserstoffverbrennungsmotoren muss kurzfristig unbürokratisch gelöst werden.
Entlang des Wasserstoffkernnetzes müssen zentrale Ausspeisepunkte mit Aufreinigung und Abfüllung von „grünem“ Wasserstoff umgesetzt werden.
Wo sehen Sie Wasserstoff im Schwerlastverkehr in fünf bis zehn Jahren – als Nische oder als Schlüsseltechnologie?
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Das obige Schaubild veranschaulicht auf einfache Weise, in welchen Einsatzbereichen batterieelektrische Fahrzeuge und Wasserstofffahrzeuge jeweils ihre Stärken haben.
Für die nationalen Fahrzeughersteller ist aus unserer Sicht der Antrieb mit Brennstoffzellen eine Schlüsseltechnologie der Zukunft. Deutschland hat jetzt die Chance, eine führende Position in diesem Technologiefeld einzunehmen und zugleich verlorene Marktanteile zurückzugewinnen.
Ihr Appell zum Weltumwelttag: Was geben Sie Politik, Wirtschaft oder Ihrer Branche mit auf den Weg?
Es ist entscheidend, dass wir die Zukunft aktiv gestalten und die Politik der Gesellschaft und den Investoren sichere und förderliche Rahmenbedingungen gibt, um die Transformation nicht nur zu planen, sondern auch in die Realität zu überführen.
Eine echte Technologieoffenheit ist dabei unerlässlich. Sie ermöglicht es, dass sich im Wettbewerb die jeweils besten Lösungen für unterschiedliche Anwendungsbereiche durchsetzen.
Das stärkt die Resilienz unserer Systeme, reduziert Strukturkosten und schafft die Grundlage, um die Potenziale vernetzter Technologien sinnvoll zu nutzen.
Daraus ergeben sich enorme Chancen – sowohl für die Gesellschaft als auch für die Wirtschaft. Deutschland kann so international an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen und eine führende Rolle im Zukunftsmarkt nachhaltiger Technologien mit „grünem“ Wasserstoff einnehmen.
Nicht die Großen fressen die Kleinen – sondern die Schnellen die Langsamen!