Gibt es etwas, das Sie persönlich in Ihrem Alltag verändert haben, um nachhaltiger zu leben?
Ich (A. Nabasik) lasse das Auto häufiger stehen und nutze stattdessen das Fahrrad. Das Thema Lebensmittelverschwendung begleitet mich seit frühester Kindheit. Bei uns wurde immer bedarfsgerecht eingekauft und gekocht. Reste wurden entweder am nächsten Tag verzehrt oder eingefroren. Das praktiziere ich bis heute.
Sie haben sich auf die Foodkonzeptberatung spezialisiert – unter anderem für Tankstellen. Wie genau unterstützen Sie Unternehmen dabei, nachhaltiger zu wirtschaften? Und wo sehen Sie im Mittelstand noch ungenutztes Potenzial im Bereich Nachhaltigkeit am Point of Sale?
Bei uns dreht sich alles um Lebensmittel – genauer gesagt, um neue Ideen und Konzepte rund um Food. Dazu gehört natürlich auch das Thema Zero Waste. Die Abfälle auf null zu reduzieren, ist sicherlich eine Herausforderung – schon allein aus hygienischen Gründen. Aber gerade im Bereich Lebensmittel lassen sich Abfälle auf ein Minimum reduzieren, wenn man die Zutaten möglichst vielseitig verwendet. Ein einfaches Beispiel sind vorgeschnittene Gurken und Tomaten. In Scheiben ergänzen sie meist das Käse- oder Wurstbrötchen. Werden diese Scheiben in Würfel oder Stifte geschnitten, lassen sie sich als Teil einer selbstgemachten Bowl in Szene setzen. Auf diese Weise können sie von morgens bis abends ohne großen Aufwand eingesetzt werden. Sie sind immer frisch und Abfälle werden vermieden. Im Prinzip kann man das mit fast allen Lebensmitteln machen – auch an der Tankstelle.
Auf der Messe „Tankstelle & Mittelstand“ in Essen traten Sie gemeinsam mit der Thiem Shop-Einrichtungen GmbH auf. Welche Bedeutung haben solche Partnerschaften für ein junges Unternehmen wie Ihres? Und was nehmen Sie an Impulsen oder Feedback von der Messe mit?
Derartige Partnerschaften werden immer wichtiger, da sie den Kunden Gesamtkonzepte aufzeigen. Es geht nicht nur um modernen Ladenbau, sondern auch um neue Inspirationen für die Bedientheke. Diese sind wiederum auf die Küchengeräte und die Lokalität abgestimmt. Insofern war die Messe für uns eine ideale Plattform, um als Teil des Gesamtkonzepts neue Impulse zu geben. Wir wollten zeigen, dass man ohne großen Handling-Aufwand attraktive neue Gerichte in die Auslage bringen kann und damit neue Kunden anzieht. Die Tatsache, dass viele Messebesucher die zubereiteten Produkte kaufen wollten, weil sie sich eine frische – und zum Teil sogar vegane – Alternative zu den obligatorischen Backwaren wünschten, belegt das Potenzial dieser Ansätze. Das haben auch Fachbesucher bestätigt, mit denen wir über unsere Ideen gesprochen haben. Es zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Welche Technologien oder Konzepte nutzen Sie, um den Frischeeinsatz effizient zu steuern und Lebensmittelabfälle an Tankstellen gezielt zu vermeiden?
Wie schon erwähnt, ist der vielseitige Einsatz der Zutaten eine Möglichkeit, um Lebensmittelabfälle zu vermeiden. Dazu kommt natürlich auch eine genaue Planung: Welche Speisen sind zu welchen Zeiten oder auch an welchen Tagen gefragt? Wann gibt es ruhigere Zeiten im Tagesgeschäft, um frischen Nachschub zu produzieren? Auch die Lage der Tankstelle entscheidet: Gibt es möglicherweise in der Umgebung Firmen, deren Mitarbeiter nach neuen Ideen fürs Mittagessen suchen. Wenn man sämtliche Faktoren einbezieht, lassen sich Lebensmittelabfälle sehr gut vermeiden.
Wie unterstützt Ihre Lösung Tankstellenbetreiber dabei, Überproduktion und Fehlbestände im Food-Bereich zu vermeiden – insbesondere bei schwankender Nachfrage?
Hier spielen vor allem die Standortfaktoren eine große Rolle. Entscheidend ist, ob es überwiegend Lauf- und Stammkundschaft gibt und wann die „kulinarischen“ Stoßzeiten sind. Auch die Kundenstruktur ist von wesentlicher Bedeutung. Danach entscheidet sich, ob das Schüler-Brötchen oder die Handwerker-Stulle gefragt sind, oder eher der vegane Bagel und die Overnight Oats. Auf diese mögliche Nachfrage, wird dann das Angebot gezielt abgestimmt und möglichst frisch zubereitet.
Können Sie konkrete KPIs oder Praxisbeispiele nennen, die den Erfolg Ihrer Lösung bei der Reduktion von Lebensmittelabfällen belegen?
Man muss sich immer vergegenwärtigen, dass jeder noch so kleine Rest bares Geld bedeutet. Um Lebensmittelabfälle zu vermeiden, ist es ratsam, vorgeschnittene Produkte oder entsprechende TK-Ware einzusetzen. Diese lassen sich bedarfsorientiert portionieren, wodurch nicht nur Abfälle vermieden und der Wareneinsatz reduziert werden, auch das Handling und der damit verbundene Personalaufwand verringern sich. Weitere Faktoren sind ein bedarfsgerechtes Speiseangebot und geschickte Portionsgrößen, um keine Überhänge zu produzieren.
Wie lassen sich Umweltverantwortung und wirtschaftliche Interessen, wie Personalentlastung oder Margensicherung, in Einklang bringen?
Durch einen geschickten Einkauf. Das Stichwort lautet „Baukasten-System“. Werden Convenience und Teil-Convenience optimal kombiniert, kann man einerseits das Personal entlasten, zum anderem aber auch die steigenden Wünsche der Kunden bedienen. Die Produkte sind ready to use und meistens mehrere Tage bedenkenlos haltbar oder sogar tiefgekühlt. Mit solch einem Baukasten, der individuell zusammengestellt wird, lassen sich neue kreative Speisen mit attraktiver Marge umsetzen. Dieses Prinzip vereinfacht das Handling und spart Arbeitszeit. Es ermöglicht einen flexiblen Einsatz der Rohwaren, wodurch weniger Abfälle und stabilere Erträge entstehen.
Wie bewerten Sie aktuelle politische Entwicklungen, beispielsweise die Mehrwegpflicht, im Hinblick auf die Zukunft der Tankstellen-Gastronomie? Wo sehen Sie noch politischen oder wirtschaftlichen Handlungsbedarf?
Generell ist Mehrweg natürlich zu begrüßen, allerdings muss es sehr gut durchdacht sein. Eine komplette Mehrweg-Pflicht ist aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt in der Verkehrsgastronomie nur schwer umsetzbar. Kritische Faktoren sind vor allem Lagerung und Hygiene. Viele Tankstellen haben hierfür nur geringe oder keine räumlichen Kapazitäten. Hinzu kommt die umfangreiche Logistik, die mit den Mehrwegsystemen verbunden ist – nicht nur aus Sicht der Tankstellenbetreiber, sondern auch aus Sicht der Kunden. Wenn ich als Kunde an der Tankstelle einen Salat zum Mittag- oder Abendessen kaufe, dann nehme ich den Pfandbehälter erst einmal aus dem Auto heraus. Ob ich ihn beim nächsten Tanken dabeihabe, ist eher fraglich. Das Rückgabesystem müsste also deutlich vereinfacht werden, beispielsweise mithilfe von Scanner und Apps. Insgesamt ergibt es aus unserer Sicht Sinn, Einweg und Mehrweg so weiterzuentwickeln, dass Einweg umweltverträglicher wird und Mehrweg einfacher und nutzerfreundlicher. Um hier den richtigen Weg zu finden, müssen alle Beteiligten einbezogen werden – insbesondere diejenigen, die in der Praxis mit den Verpackungslösungen umgehen, also Tankstellenbetreiber bzw. -personal und Tankstellenkunden.