Die zweite „Reparaturnovelle“ für das Strompreisbremsengesetz, die am 25. Mai 2023 von der Koalition in den Bundestag eingebracht wurde, enthält wichtige Korrekturen für Güterbahnen, die aufgrund von Blindstellen im bisherigen Gesetz von Hilfen ausgeschlossen wurden. Längerfristige Bahnstrompreissteigerungen plus der noch immer spürbare kriegsbedingte Preisschock sorgen dennoch für Verlagerung auf die Straße und lösen Forderungen nach einer längerfristigen Strategie aus.
Die Strompreisbremse begrenzt seit März 2023 bei vielen Eisenbahnunternehmen die krisenbedingt explodierte Stromkostenbelastung. Doch bislang profitieren Unternehmen, die in den letzten zwei Jahren einen Großteil der eigenen Fahrzeuge von Diesel auf einen klimafreundlicheren elektrischen Antrieb umgerüstet haben, kaum oder gar nicht von der Strompreisbremse. Der Grund: Entlastungszahlungen sind an die Daten aus 2021 gekoppelt. Dieser Missstand soll in der im Bundestag eingebrachten Reparaturnovelle korrigiert werden. Für die betroffenen Eisenbahnunternehmen sind spezielle Regelungen vorgesehen, damit die Entlastungen für alle Marktteilnehmer gleichmäßig wirken. Zusätzlich werden die Bedingungen für alle Eisenbahnunternehmen leicht verbessert. Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender von die GÜTERBAHNEN Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e. V., Berlin, sieht die erwarteten Änderungen als wichtige Ermutigung für die Branche, vor allem für Unternehmen, die in der Krise investiert haben. Seiner Meinung nach profitieren durch die Änderungen alle Güterbahnen im höheren Maß von den Entlastungen und gleichzeitig werden faire Wettbewerbsbedingungen auf der Schiene geschaffen.
Doch selbst wenn so innerhalb der Eisenbahn gerechte Bedingungen entstehen, fehlt eine Strategie, dieselben auch im Wettbewerb mit dem Lkw herzustellen. Der Bahnstrompreis mit Strompreisbreme ist noch immer mindestens dreimal so hoch wie 2021, als er im Schnitt bei 6,4 Cent pro kWh lag. Der Dieselpreis liegt heute dagegen kaum höher. Gerade im intermodal besonders wettbewerbsintensiven Segment des Kombinierten Verkehrs auf der Schiene brannte es dadurch im ersten Quartal 2023 lichterloh – um rund 14 % brach der Transport hier ein, ein ähnlicher Wert wie zu Corona-Zeiten. Laut L. Kerkeling lohnt es sich monetär für die Kunden wieder häufiger, die ganze Strecke per Lkw zu fahren. Seiner Meinung nach ist der Kombinierte Verkehr ein wichtiger Wachstumspfad, wenn Verkehre, auch Pakete und andere leichte Waren, auf die klimafreundliche Schiene verlagert werden sollen.
Die Sorgen der Branche richten sich außerdem in Richtung Zukunft ohne Strompreisbremse: Diese ist bis zum Frühjahr 2024 befristet. Die Frage ist, wie verhindert werden kann, dass ausgerechnet die klimafreundliche Schiene aus dem Markt gepreist wird, wenn der Bahnstrompreis langfristig oberhalb der Dieselpreisentwicklung liegt. Eine Lösung könnte das Industriestrompreisgesetz aus dem Wirtschaftsministerium sein, das bisher nur als grobes Arbeitspapier existiert, aber „energieintensiver Industrie“ einen fixen, wettbewerbsfähigen Preis garantieren soll. Nach Aussage von L. Kerkeling rechnet das Netzwerk nach den positiven Erfahrungen mit der Strompreisbremse damit, dass auch der Schienenverkehr als stromintensiv eingestuft und mit dem Industriestrompreis die Erfüllung der Klimaschutzziele im Verkehr voranbringen wird.
Die Strompreisbremse sorgt im Schienengüterverkehr oft für Missverständnisse: Die prägnante Zahl von 130 Euro pro MWh (oder 13 Cent pro kWh), die Fahrstrom nach dem Strompreisbremsengesetz angeblich kostet, hat sich bei den meisten Kunden der Eisenbahnverkehrsunternehmen festgesetzt. Dabei wird verkannt, dass lediglich ein Teil des Fahrstrombedarfs, nämlich der Arbeitspreis, von der Entlastung betroffen ist. Der Bahnstrompreis in Deutschland enthält neben den reinen Beschaffungskosten allerdings weitere Bestandteile, die die Kosten in die Höhe treiben können. Diese Bestandteile werden von der Strompreisbremse nicht erfasst und sind darum nicht reduziert.
Die Kosten für eine Megawattstunde Strom haben sich so deutlich reduziert, allerdings nicht auf 130 Euro, sondern auf 253 Euro – nahezu das Doppelte der häufig angenommenen Kosten.
Die gravierenden Mehrkosten, die sich für die Güterbahnen seit Beginn der Energiekrise ergeben, sind also durch die Strompreisbremse nicht eliminiert: Die gleiche Megawattstunde Strom hätte inklusive der Netzentgelte, Steuern und Umlagen in 2021 noch rund 160 Euro gekostet, nur rund 63 % des heutigen entlasteten Preises.
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