Fraunhofer IEG: NRW hat günstige Voraussetzungen für den Ausbau der Geothermie

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Forschung & Entwicklung, Regenerativ
Geophysikalische Exploration: Nach dem Prinzip des Echolots durchschallen Messwagen den Untergrund in mehreren Kilometer Tiefe und suchen geeignete Gesteine für die Tiefe Geothermie.
Foto: Alexander Jüstel/Fraunhofer IEG

Nordrhein-Westfalen will das Potenzial der Geothermie heben und damit einen wichtigen Schritt in Richtung klimaneutrale Industrieregion gehen. Der Landtag NRW bat die Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastruktur und Geothermie IEG um eine Stellungnahme, zur Rolle von tiefer, mitteltiefer und oberflächennaher Geothermie in der Wärmewende des Landes. Anlässlich der Sachverständigenanhörung im zuständigen Ausschuss am 8. August 2023 unterstrich das Fraunhofer IEG die günstigen geologischen Bedingungen für die Tiefengeothermie, aber auch die Markt-Hemmnisse, die nur politisches Handeln ausräumen kann.

Nach Aussage von Rolf Bracke, Leiter des Fraunhofer IEG, behindern zwei zentrale Faktoren den Ausbau der Tiefen Geothermie. Das Fündigkeitsrisiko bei gleichzeitig erheblichen Investitionskosten für Projektentwickler sowie die unzureichende Datenlage zum tiefen Untergrund jenseits von 1.000 Metern. Ein hohes Potenzial für die Wärmewende in einem der größten europäischen Ballungsräume stellt dagegen die Grubenwassernutzung und Wärmespeicherung im Steinkohlengebirge dar. Zur Beseitigung der Hemmnisse und Nutzung der Potenziale ist jetzt politisches Handeln angezeigt.

Die Hälfte des Energieumsatzes in Deutschland geht laut Fraunhofer IEG in die Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrieprozessen. Doch noch immer ist der Anteil von alternativer Wärme bei unter 20 %. Die nachhaltige Geothermie hat genug Potenzial um den Wärmebedarf NRWs großteils zu decken. Erdwärme steht ganzjährig und verlässlich zur Verfügung, ist wetterunabhängig, kohlendioxidneutral und lokal. In Kombination mit Hochtemperaturwärmepumpen könnte Geothermie auch ein Viertel des Wärmebedarfes der Industrie decken, beispielsweise in den Sektoren Nahrungsmittel, Papier, Zement, Gewächshaus oder Chemie. Vor allem in Süd-Deutschland arbeiten derzeit rund 40 geothermische Anlagen mit einer installierten Wärmeleistung von rund 400 MW. Die Herstellungskosten liegen bei rund 2 Mio. Euro bis 2,5 Mio. Euro pro installierte Leistung von 1 MW und die Erzeugungskosten bei wettbewerbsfähigen 30 Euro/MWh.

Aus Sicht des Fraunhofer IEG soll ein ambitionierter Masterplan Geothermie NRW alle Optionen der geothermischen Nutzung adressieren und ambitionierte, landesbezogene Ausbauziele benennen. Ein Handlungsfeld eines solchen Masterplans ist sicherlich die Bildung einer verlässlichen Datengrundlage. Hier bietet sich eine Kombination aus den Methoden geophysikalische Erkundung und Tiefbohrung an, die den Kern einer landesweiten Explorationsstrategie bilden sollen. Die gewonnenen Rohdaten und Erkenntnisse sollen den Marktteilnehmer – Projektentwicklern und Stadtwerken – unverzüglich digital zu Verfügung stehen.

Da Geothermie im überragenden öffentlichen Interesse liegt, sollen Förder- und Finanzinstrumente des Landes das Fündigkeitsrisiko der oftmals mittelständigen Wärmeversorger senken. Solche Instrumente können das Erreichen der strategischen Ziele des Landes innerhalb der Wärmewende massiv beschleunigen.

Darüber hinaus können Vereinfachungen bzw. Bündelungen von Genehmigungsverfahren nach dem Wasser-, Umweltverträglichkeitsprüfungs-, Naturschutz- und im Vergaberecht Projekte wesentlich beschleunigen. Eine Option kann die Ausweisung sogenannter Go-to-Gebiete für Heiz(kraft)werke in der Landesentwicklungs- und Bauleitplanung sein.

Um den ambitionierten geothermischen Zubau gewährleisten zu können, müssen auch Fachkräfte- und Schulungskapazitäten entlang der gesamten Planungs-, Administrations- und Installationskette aufgebaut werden. Dem Anspruch des Industrielandes NRW auf Technologieführerschaft entsprechend sollten vorhandene Branchen und Unternehmen mit Schlüsseltechnologien der Geothermie durch gezielte Wirtschaftsförderungsmaßnahmen für den Transformationsprozess »Geothermische Wärmewende« gestärkt werden.

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