Europäischer CO2-Grenzausgleich: Erfolg steht und fällt mit internationaler Zusammenarbeit

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Forschung & Entwicklung, International, Politik
Europäischer Grenzausgleichsmechanismus: Verlagerung von treibhausgasintensiver Produktion in Drittländer verhindern.
Foto: DIW

Der ab Oktober 2023 geltende europäische Grenzausgleich für CO2-Emissionen kann dazu beitragen, die Verlagerung emissionsintensiver Produktionen ins Ausland zu vermindern. Sein Potenzial, das Klima zu schützen, ist jedoch begrenzt – dies kann nur mithilfe internationaler Zusammenarbeit gelingen, nicht in einem klimapolitischen Alleingang der Europäischen Union. Das sind die zentralen Erkenntnisse einer aktuellen Analyse aus der Abteilung Unternehmen und Märkte des DIW Berlin Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. Laut Robin Sogalla, Doktorand im Graduate Center des DIW und Autor der Studie, ist es vor allem wichtig, dass der Grenzausgleich von den internationalen Handelspartnern der EU-Länder nicht als protektionistisches Instrument wahrgenommen wird. Das könnte Handelskonflikte auslösen und dem Klimaschutz im Wege stehen.

Die Einführung des neuen Grenzausgleichsmechanismus (im Englischen abgekürzt CBAM) für Kohlenstoffdioxidemissionen steht in Zusammenhang mit dem Europäischen Emissionshandel (ETS). Um die europäischen Klimaschutzziele, die bis 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 55 % gegenüber dem Niveau von 1990 vorsehen, zu erreichen, wird der Ausstoß von CO2 bepreist. Sprich: Unternehmen müssen entsprechende Zertifikate für den Ausstoß kaufen, wenn sie in ihrer Produktion CO2 freisetzen. Um zu verhindern, dass besonders energieintensive Produktionen, beispielsweise von Zement oder Stahl, ins Nicht-EU-Ausland verlagert werden, bekommen die Unternehmen bisher jedoch einen großen Teil der Zertifikate geschenkt. Diese sogenannte freie Zuteilung soll sukzessive zurückgefahren werden, sodass tatsächlich jede ausgestoßene Tonne CO2 bezahlt werden muss. Im Gegenzug wird – um auch künftig die Verlagerung von Kohlendioxid-intensiver Produktion zu reduzieren – ein Grenzausgleich eingeführt. Auf in die EU importierte Produkte wird dann eine Abgabe fällig, die sich an den entstandenen Emissionen bemisst.

Effekt auf globale Treibhausgasemissionen vergleichsweise gering
Nach Meinung von R. Sogalla ist das Ansinnen des CBAM richtig – denn niemandem wäre global betrachtet geholfen, wenn in der EU vermiedene Emissionen einfach andernorts freigesetzt würden. Seine Berechnungen zeigen, dass in einem Szenario ohne Ausgleichsmechanismus für jede vermiedene Tonne Treibhausgas innerhalb der EU 0,4 t zusätzlicher Emissionen im Ausland entstehen würden. Der CBAM reduziert diesen sogenannten Carbon Leakage je nach Szenario um bis zu rund ein Drittel. Da Importe belastet werden, ist es wichtig, dass in diesem Zusammenhang keine Handelskonflikte entstehen. Die Berechnungen zeigen zwar, dass die Einkommensverluste aufseiten der meisten EU-Handelspartner infolge einer stringenteren EU-Klimapolitik in Kombination mit dem Grenzausgleich gering sind, dennoch kann das Instrument als Protektionismus aufgefasst werden.

Um dem entgegenzuwirken, könnte die EU die Einnahmen aus dem Grenzausgleich auch dafür nutzen, um andere Länder bei der Umstellung auf eine weniger Kohlendioxid-intensive Produktion finanziell zu unterstützen. Dass Klimaschutz nur mit internationaler Zusammenarbeit gelingen kann, unterstreicht auch der vergleichsweise geringe Effekt des Europäischen Emissionshandels in Kombination mit dem Grenzausgleich auf die globalen Treibhausgasemissionen. Nach Aussage von R. Sogalla kann ein klimapolitischer Alleingang der EU die globalen Emissionen nicht substanziell senken. Deshalb müssen die Effekte von Klimaschutzmaßnahmen auf Kooperationen mit anderen Ländern mitgedacht werden. Der von den G7-Staaten initiierte Klimaclub ist ein Beispiel für Kooperation in der Klimapolitik, welche seiner Meinung nach nicht gefährdet werden darf.

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