Energiespeicher: Champagnerdiskussion um Wasserstoff ist nicht zielführend

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Erneuerbarer H2
Foto: eot

Energiespeicher sind eine der Schlüsseltechnologien für die Energiewende. Um von Kohle, Gas und Öl wegzukommen, sind neue Wege gefordert. Eine Champagnerdiskussion um die Nutzung von Wasserstoff sieht Experte Michael Sterner von der OTH Regensburg Ostbayerische Technische Hochschule Regensburg als Problem. M. Sterner ist außerdem stellvertretender Vorsitzender des Fachausschusses „Energiespeicher“ des VDI Verein Deutscher Ingenieure e. V., Düsseldorf, sowie der Richtlinienreihe „VDI 4635 Power-to-X“.

Wie M. Sterner im VDI-Podcast „Technik aufs Ohr“ erklärt, wurden immer Energiespeicher genutzt. Dabei handelt es sich um die gespeicherte fossile Energie, die die Natur über Millionen Jahre in Form von Kohle, Öl und Gas gebildet hat. Das ist nichts anderes als uralte Biomasse. Man muss seiner Ansicht nach schnellstmöglich weg von Kohle, Öl und Gas und andere Energiespeicher suchen. Als Beispiel nennt er die Speicherung von Wind- und Solarenergie, wenn wir keine Sonne haben.

Energiewende aus Europa heraus nicht leistbar

Deutschland will und muss klimaneutral und unabhängig von fossilen Energieträgern werden. Die Fläche der Atacama-Wüste würde ausreichen, um genügend erneuerbares Gas zu liefern – und zwar zu denselben Preisen, wie es aktuell aus Katar importiert wird, gibt der Professor für Energiespeicher und Energiesysteme an. Erneuerbare sind auf der Welt verfügbar, die Frage ist laut M. Sterner, wie diese verfügbar und transportierbar gemacht werden.

Er ist sich jedenfalls sicher: Wir werden die Energiewende allein aus Europa heraus nicht stemmen. Wir hätten zwar die Potenziale, aber nicht die Akzeptanz. Besonders störend empfindet er die Debatte um die Nutzung von Wasserstoff. Diese Champagnerdiskussion, dass Wasserstoff so knapp, wertvoll und ineffizient ist, hält er für nicht zielführend. Es ist bekannt, dass Wasserstoff in der Zukunft benötigt wird – allein für die Stahlerzeugung werden 5.000 Windräder gebraucht, um ausreichend Wasserstoff herzustellen. Deutschland muss die Dimension der großen Herausforderungen in den Fokus rücken, denn wenn man sich weiter in Grabenkämpfen wie E-Auto versus Verbrenner verliert, übersieht man die Dimension des Problems.

Als Fazit zieht M. Sterner, dass jede Lösung gebraucht wird, die da ist, um das ambitionierte 1,5-Grad-Ziel überhaupt noch zu erreichen.

Aktuelle Krise: Möglichkeiten, Gas zu speichern

Im weiteren Verlauf des Podcasts geht es um die aktuellen Möglichkeiten, Gas zu speichern. Laut Christian Doetsch, Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, Oberhausen, Inhaber des Lehrstuhls für „Cross Energy Systems“ an der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum, und außerdem Vorsitzender des Fachausschusses Energiespeicher im VDI, sind die großen Gasspeicher, die aktuell vorhanden sind, die Untergrundspeicher. In Deutschland haben sie ungefähr eine Kapazität, mit der man zwei bis maximal drei Wintermonate abdecken kann, führt C. Doetsch aus. Die Lage im aktuellen Winter ist zunächst beruhigend, denn in Europa sind die Gasbestände sehr hoch – trotz der Lage durch den Ukraine-Krieg.

Wie M. Sterner ergänzt, wird über das Gasnetz in Deutschland viermal so viel Energie in der Leistung als über das Stromnetz verteilt. Das heißt konkret, dass 8.000 Mal so viel Energie darin gespeichert ist wie in allen Pumpspeichern und Batterien, die aktuell in Betrieb sind.
Aufgrund der Weltlage hat das Zusammenspiel zwischen Industrie und Politik schneller als üblich funktioniert, sodass die Gasspeicher voll sind. M. Sterner gibt allerdings zu bedenken, dass es sich um die Auffüllung mit fossilem Erdgas handelt – vor allem aus Ländern, die zwifelhaft als Partner sind.

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