Elektroautos als mobiler Speicher und Beschleuniger der Energiewende: Voraussetzungen müssen schnell geschaffen werden

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E-Mobilität
Beispielhafter vereinfachter Systemaufbau für das Heimladen.
Foto: NRW.Energy4Climate

Das Elektrofahrzeug als mobilen Speicher zu nutzen, bietet große Potenziale: für die Stabilisierung des Stromnetzes ebenso wie als Geschäftsmodell für Netzbetreiber und Nutzer. Doch wenn das bidirektionale Laden ein erfolgreicher Trend in der Elektromobilität werden soll, müssen jetzt die Rahmenbedingungen geschaffen werden und alle Akteure schnell handeln. Dazu gibt die Anfang November 2023 erschienene Studie „Bidirektionales Laden in Deutschland – Marktentwicklung und Potenziale“ konkrete Empfehlungen. Herausgeber sind die nordrhein-westfälische Landesgesellschaft NRW.Energy4Climate GmbH, Düsseldorf, und die baden-württembergische Landesagentur e-mobil BW GmbH, Stuttgart.

Bidirektionales Laden bietet die Möglichkeit, elektrisch betriebene Fahrzeuge als mobilen Zwischenspeicher für Strom zu verwenden. Dabei kann der Strom auch wieder aus der Batterie entnommen werden. Die Studie bereitet wissenschaftlich die Potenziale und Mehrwerte des bidirektionalen Ladens auf. Dabei berücksichtigt sie die aktuelle und künftige Marktentwicklung und verschiedene Rahmenbedingungen.

Mit dem bidirektionalen Laden von Elektrofahrzeugen sind aus Sicht von Ulf C. Reichardt, Vorsitzender der Geschäftsführung der NRW.Energy4Climate, große Hoffnungen verbunden: Die Stromnetze sollen entlastet und große Mengen erneuerbare Energie könnten zwischengespeichert werden. Die frühzeitige Implementierung der Technologie ist jedoch wichtig, um möglichst viel von diesem Potenzial heben zu können. NRW.Energy4Climate wird die Akteure dabei unterstützen, die Handlungsempfehlungen zeitnah umzusetzen und die bestehenden Hürden abzubauen.

Die Studie kommt zu folgenden zentralen Ergebnissen
Realistische Potenziale erkennen: Laut den Berechnungen der Studie werden im Jahr 2035 rund 33 Mio. batterieelektrische Fahrzeuge in Deutschland zugelassen sein. Unter Berücksichtigung der von den Fahrzeugherstellern kommunizierten Planungen sind bis 2035 rund 65 % dieser Fahrzeuge technisch in der Lage, bidirektional zu laden. Jedoch werden nicht alle davon die benötigte Ladeinfrastruktur vorfinden. Damit ergibt sich ein Potenzial von rund 7,6 Mio. Fahrzeugen, die tatsächlich bidirektional Laden können. Mit dieser Menge an Fahrzeugen stünden bis zu 380 GWh als mobiler Speicher zur Verfügung, was dreimal so viel ist wie der deutschlandweite Bedarf an stationären Batteriespeichern.

Standards und Schnittstellen abstimmen: Für eine flächendeckende und wirtschaftliche Einführung der Technologie ist zunächst die Klärung der regulatorischen Rahmenbedingungen wichtig – dort besteht der größte Handlungsbedarf. Auch aus technischer Sicht fehlt die Einigung auf Standards und Schnittstellen, um bidirektionales Laden herstellerübergreifend umzusetzen und Produkte auf den Markt zubringen.

Nicht noch mehr Potenziale verlieren: Laut den Berechnungen hätten mit dem Bestand an reinen Elektrofahrzeugen im Jahr 2023 in Deutschland bereits 10 GW an Speicherleistung zur Verfügung stehen können. Das entspricht nahezu der zehnfachen Leistung der deutschen Pumpspeicherkraftwerke. Dazu sind aber weder derzeitige Batteriefahrzeuge noch die aktuell installierten Wallboxen in der Lage. Eine Nachrüstung der Bestandsfahrzeuge auf bidirektionales Laden ist technisch kaum umsetzbar, sodass ausschließlich künftige Neufahrzeuge in Frage kommen. Die Befähigung der Fahrzeuge für bidirektionales Laden wird zurzeit aber erst bei wenigen Modellen einzelner Autohersteller berücksichtigt, wie die Studie aufzeigt.

Potenziale gesamtwirtschaftlich ausschöpfen: Um die Potenziale des bidirektionalen Ladens erfolgreich nutzen zu können, müssen die Maßnahmen der einzelnen Akteure zeitlich aufeinander abgestimmt werden. Vor einem flächendeckenden Rollout der Technologie müssen zunächst die technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen seitens der Industrie und Politik geklärt werden. Damit sich tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln können, ist intensive Kommunikation und Information zu den Vorteilen des bidirektionalen Ladens für die Nutzer Voraussetzung.

Die Studie „Bidirektionales Laden in Deutschland – Marktentwicklung und Potenziale“ ist eine bundesländerübergreifende Kooperation zwischen NRW und Baden-Württemberg und umfasst die gemeinsame Zielsetzung, die Potenziale des bidirektionalen Ladens zu bewerten.

Sie wurde von einem Autorenteam der P3 automotive GmbH, Stuttgart, in Zusammenarbeit mit der Boesche Rechtsanwälte PartGmbB, Berlin, durchgeführt und Anfang November 2023 von der NRW.Energy4Climate auf dem „Kompetenztreffen Elektromobilität in NRW“ in Köln vorgestellt.

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