Die Daldrup & Söhne AG, Oberhaching, Bohrtechnik- und Geothermiespezialist, hat von der Stadt Frankfurt am Main einen Auftrag für eine Forschungsbohrung auf dem Gelände des Rebstockbades erhalten. Die Bohrung dient der Ermittlung des geothermischen Potenzials sowie der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Details der geologischen Standortverhältnisse bis rund 800 m Tiefe. Die während der Bohrung gewonnenen Ergebnisse ermöglichen der Stadt Frankfurt eine fundierte Einschätzung, welches Wärmepotenzial insgesamt zur Verfügung steht und mit welchem Aufwand die Erdwärme aus dem Untergrund gewonnen werden kann. Der Auftragswert für die Daldrup & Söhne AG beträgt rund 3,4 Mio. Euro. Mit den Bohrarbeiten wurde bereits begonnen.
Frankfurt steht auf heißem Untergrund
Basierend auf den gewonnenen Ergebnissen, können potenziell geothermische Vorhaben realisiert werden. Wenn die geologischen und geothermischen Voraussetzungen gegeben sind, kann zum Beispiel das neu gebaute Rebstockbad möglicherweise mit klimafreundlicher, geothermischer Wärme versorgt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen ist es unter Frankfurt bereits in geringen Tiefen von 800 m mit 40 °C bis 60 °C sehr heiß.
Erdwärme-Turbo für Deutschland: BMWK legt Eckpunktepapier vor
Mehrere aktuelle Studien (Roadmap Oberflächennahe Geothermie, Roadmap Tiefe Geothermie, Metastudie zur nationalen Erdwärmestrategie, Fernwärmeversorgung mittels Nutzung von Niedertemperaturwärmequellen am Beispiel tiefengeothermischer Ressourcen) deutscher Forschungseinrichtungen verdeutlichen, dass die Geothermie das Potenzial hat, einen Großteil des deutschen Wärmebedarfs zu decken.
Laut der Studie „Roadmap tiefe Geothermie für Deutschland“ der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e. V., München, und des Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e. V., Bonn, eröffnet das Marktpotenzial in Deutschland Ausbauziele von weit über 300 TWh Jahresarbeit beziehungsweise 70 GW installierte Leistung, das entspricht rund 25 % des Gesamtwärmebedarfs. Zum Aufbau einer tiefengeothermalen Erzeugungsinfrastruktur und zur Anbindung an kommunale Verteilungsinfrastrukturen für Wärme werden laut Roadmap in den kommenden zehn Jahren Investitionen in Höhe von rund 2 Mrd. Euro bis 2,5 Mrd. Euro je GW installierter Leistung aus öffentlichen und privaten Haushalten benötigt. Damit lassen sich wettbewerbsfähige Wärmegestehungskosten von < 30 EUR/MWh erzielen.
Schnelle Genehmigungsverfahren und Ausbau der Förderprogramme
Das BMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Berlin, will mit dem Eckpunktepapier „Geothermie für die Wärmewende“ mit acht Maßnahmen die Branche unterstützen, dieses Potenzial schnell zu heben und Investitionen erleichtern. Ziel ist, die derzeit noch zu über 75 % aus Erdgas, Öl und Kohle erzeugte Wärme, bis zum Jahr 2030 wenigstens zur Hälfte zu dekarbonisieren. Der Ersatzbedarf insbesondere für das importierte Erdgas ist sehr hoch.
Die Geothermie zählt für das BMWK dabei zu den Schlüsseltechnologien, um Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme versorgungssicher, wirtschaftlich und dezentral zu erzeugen. Laut Leibnitz Institut für angewandte Geophysik, Hannover, müssen allein 587 TWh/pro Jahr (2.111 PJ) aus Erdgas, Erdöl und Kohle ersetzt werden, um die Klimaschutzziele im Sektor Raumwärme/Warmwasser zu erreichen. Zu den vom BMWK vorgeschlagenen Maßnahmen gehören unter anderem die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, der Ausbau von Förderprogrammen wie dem BEW und dem EEW sowie die Risikoabfederung von Geothermiebohrungen. Bis 2030 bedeutet das mindestens 100 mitteltiefe und tiefe Geothermieprojekte. Das entspricht einer Vervielfachung gegenüber dem derzeitigen Ausbautempo.