BearingPoint: Attraktivitätsindex Elektromobilität 2025

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E-Mobilität, Forschung & Entwicklung, Unternehmen
Der Attraktivitätsindex Elektromobilität 2025 im Ländervergleich. Seit diesem Jahr umfasst der Index auch Daten für China, Frankreich und die USA.
Foto: BearingPoint GmbH

Der neue Attraktivitätsindex Elektromobilität von der BearingPoint GmbH, Frankfurt, und dem Handelsblatt Research Institute, ein Forschungsinstitut unter dem Dach der Handelsblatt Media Group, entwickelt wurde, zeigt: der Weltmarkt der E-Autos ist in Bewegung: Chinesische Marken holen auf – deutsche Hersteller verteidigen den Heimvorteil. Als Markt ist China führend im globalen Vergleich – USA, Deutschland und insbesondere Frankreich sind eher abgeschlagen.

Während der technologische Fortschritt von Elektrofahrzeugen weltweit auf hohem und vergleichbarem Niveau angekommen ist, entscheiden heute andere Faktoren über die Attraktivität von Märkten und die Kaufentscheidung potenzieller Kunden. Der Attraktivitätsindex Elektromobilität 2025 vergleicht erstmals die vier großen Auto-Märkte China, Deutschland, Frankreich und die USA. Ziel des Index ist es, auf Basis objektiver Daten sowie einer jeweils länderspezifischen Umfrage unter Autofahrern zu bewerten, wie attraktiv batterieelektrische Fahrzeuge (BEV) in einem bestimmten Markt wahrgenommen werden – und welche Faktoren den Markterfolg dort maßgeblich beeinflussen.

Mit einem Indexwert von 133,5 Punkten (Basiswert 100) führt China das Ranking an, gefolgt von den USA (114,4), Deutschland (108,4) und Frankreich (94,6). Die technologische Basis der angebotenen E-Fahrzeuge – darunter Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Verbrauch – nähert sich bei einer Vielzahl der Modelle in allen vier Ländern an. Der Wettbewerb verlagert sich deshalb zunehmend weg von der Technik selbst hin zu infrastrukturellen und politischen Rahmenbedingungen sowie zum Vertrauen in Marken.

China liegt vorn – Europa kann gegenhalten
China hat sich in der Elektromobilität einen strategischen Vorsprung erarbeitet. Dr. Sven Jung, Director Economic Analysis & Financial Planning beim Handelsblatt Research Institute, nennt als Ursachen jahrelange politische Maßnahmen, massive Förderungen für chinesische Automobilhersteller, gezielte Marktregulierung und konsequenten Technologietransfer. Europa bleibt wettbewerbsfähig, wenn innovationsfreundliche Rahmenbedingungen bestehen, internationale Märkte für europäische Hersteller offen bleiben, Regulierung und Förderung beschleunigt erfolgen und der Fokus auf Qualität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit gerichtet ist.

Ladeinfrastruktur als Erfolgsfaktor
Die Alltagstauglichkeit batterieelektrischer Fahrzeuge hängt wesentlich von der Ladeinfrastruktur ab. S. Jung verweist auf China und Deutschland, wo Kunden von einer hohen Dichte öffentlicher Ladepunkte profitieren. Diese Infrastruktur bietet sowohl in Städten als auch in ländlichen Regionen Versorgungssicherheit. In Frankreich und den USA ist das Ladenetz dagegen unzureichend ausgebaut – besonders in Regionen ohne private Lademöglichkeiten – und erschwert so den Marktzugang.

S. Jung nennt zwei entscheidende Bedingungen für eine alltagstaugliche Infrastruktur: Die Ladepunkte müssen so zahlreich vorhanden sein, dass sie bei der Routenplanung keine Rolle spielen. Zusätzlich ist eine flächendeckende Verfügbarkeit von Schnellladepunkten erforderlich, um Zeitverluste beim Ladevorgang zu vermeiden.

Preis, Förderung, Stromkosten: Der Staat spielt eine zentrale Rolle
Neben Infrastruktur und Technologie bleiben Preis und Betriebskosten zentrale Kriterien bei der Kaufentscheidung. In China sind Elektroautos besonders günstig, weil der Staat den Kauf fördert, Strompreise niedrig sind und Massenproduktion zu Kostenvorteilen führt. In Deutschland verhindern hohe Strompreise und der Wegfall der Kaufprämie eine stärkere Marktdurchdringung. Gleichzeitig schwächen EU-Zölle die Wettbewerbsfähigkeit chinesischer Hersteller. Als Reaktion investieren Unternehmen wie die BYD Ldt., Shenzhen, und die Leapmotor International B. V., Hangzhou, in europäische Produktionsstandorte.

Manuel Schuler, globaler Leiter Automotive der BearingPoint, betont die Bedeutung politischer Rahmenbedingungen. E-Mobilität wird zum Massenmarkt, wenn Kaufanreize, Ladeinfrastruktur und faire Strompreise zusammenkommen. In Deutschland wirken eine gezielte Wiedereinführung von Kaufprämien, steuerliche Maßnahmen zur Strompreisregulierung und ein beschleunigter Infrastrukturausbau kurzfristig. Mittel- und langfristig sind Investitionen in bezahlbare Fahrzeugmodelle, Halbleiter, Batteriezellenfertigung, Recycling und regionale Wertschöpfung nötig, um Deutschland an die Spitze der Elektromobilität zu bringen.

Vertrauen beeinflusst Kaufentscheidungen
Ein starker Einflussfaktor beim Kauf ist das Vertrauen in die Marke. In allen untersuchten Märkten schneiden lokale Marken am besten ab: In Deutschland liegt die Volkswagen AG, Wolfsburg, vorn, in Frankreich die Renault SA, Boulogne-Billancourt, in den USA die Tesla Inc., Austin, und in China die BYD. Die BYD erreicht mit 155,9 Punkten den höchsten Wert im Attraktivitätsindex. Im Ausland verlieren diese Marken an Anziehungskraft, was auf starke regionale Markenbindung hinweist.

Chinesische Hersteller sind technisch auf Augenhöhe, kämpfen in Europa jedoch mit Imageproblemen. M. Schuler betont, dass ein erfolgreicher Markteintritt nur mit vertrauensbildender Markenarbeit, einer dauerhaften lokalen Präsenz, wettbewerbsfähigen Preisen und einem klaren Verständnis für europäische Kunden gelingt.

Deutsche Hersteller unter Druck – und mit Chancen
Trotz der Herausforderungen bieten deutsche Hersteller weiter attraktive BEV-Modelle. Die VW, die Audi AG, Ingolstadt und die Mercedes-Benz AG, Stuttgart, führen auch 2025 den Attraktivitätsindex an und konnten ihre Werte im Vergleich zum Vorjahr steigern. VW erreicht 122,1 Punkte (2024: 111,5), Audi 118,2 Punkte (111,3) und Mercedes 117,9 Punkte (110,9). Auch BMW und Porsche liegen in den Top fünf.

M. Schuler stellt jedoch fest, dass neue Anbieter, insbesondere aus China, schnell aufholen. Deutsche Hersteller sichern ihre Marktposition, wenn sie ihre traditionellen Stärken in Qualität und Image in ein umfassendes Nutzererlebnis übertragen. Die reine Technik – wie Reichweite oder Fahrleistung – reicht nicht mehr aus. Digitale Services, einfache Ladevorgänge, zuverlässiger Kundendienst und alltagstaugliche Mobilitätslösungen sind entscheidend.

Im Ausland müssen Hersteller Infrastrukturdefizite mit Heimladelösungen oder lokalen Partnerschaften kompensieren. Im Heimatmarkt zählt der Zugang über wettbewerbsfähige Preise, schlanke Kostenstrukturen sowie attraktive Leasing- und Serviceangebote. Der wachsende Wettbewerb durch chinesische Anbieter verlangt hohe Innovationsgeschwindigkeit und Nähe zum Kunden. Wer hier überzeugt, entscheidet den Markt für sich.

Über die Studie
Der Attraktivitätsindex Elektromobilität wurde erstmals 2024 von der BearingPoint und dem Handelsblatt Research Institute für Deutschland erstellt. Er bildet die Attraktivität batterieelektrischer Pkw (BEV) für potenzielle Käufer in einem Markt ab. Im Jahr 2025 wurde er jetzt zusätzlich auch für China, Frankreich und die USA berechnet.

Grundlage für den Attraktivitätsindex Elektromobilität sind neben einer Umfrage unter Autofahrern im jeweiligen Land zum Vertrauen in die Qualitätsversprechen und zum digitalen Innovationsgrad der Hersteller ebenfalls Parameter wie Preis, Reichweite, Ladegeschwindigkeit, Stromkosten pro 100 km und Ladesäulendichte, die nach der Bedeutung für die Kaufentscheidung unterschiedlich gewichtet werden. Bewertet werden hierfür Fahrzeugmodelle unterschiedlicher Hersteller, die aktuell oder künftig im jeweiligen Land gefragt sind und welche die verschiedenen Preissegmente abbilden. Dabei ist ein Teil des Herstellersets mit VW, BMW, Mercedes, Porsche, Tesla und BYD (nicht in den USA verfügbar) in allen vier Ländern identisch.

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