Die Chemie- und Pharmaindustrie lebt vom Auslandsgeschäft. Rund 60 % ihres Umsatzes erwirtschaftet die Branche mit Kunden außerhalb Deutschlands – vor allem in Europa. Das Problem: Im bisherigen Jahresverlauf bleibt die Dynamik aus. Die schwache Industriekonjunktur sorgt für ein zurückhaltendes Bestellverhalten in der Chemie. Gleichzeitig belasten hohe Standortkosten die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Anbieter auf den Weltmärkten. Die Folge: In allen Regionen liegen die Auslandsumsätze der Chemie unter Vorjahresniveau. Besser läuft es in der Pharmaindustrie: Vor allem in den außereuropäischen Märkten gab es spürbare Zuwächse. In Europa dagegen fehlt es weiter an Schwung.
Für zusätzlichen Gegenwind sorgten die Handelskonflikte. Eine Mitgliederumfrage des VCI Verband der Chemischen Industrie e. V., Frankfurt, zeigt: Unternehmen rechnen mit einer deutlichen Eintrübung der Nachfrage, mit einer weiteren Verschlechterung ihrer Wettbewerbsposition auf dem US-Markt und mit zunehmendem Importdruck durch Handelsumlenkungen. Der gerade erzielte Deal zwischen den USA und der EU konnte eine Eskalation des Handelsstreits zwar abwenden, die Höhe der Vereinbarung ist aber dramatisch. Denn die vereinbarten Zölle auf Chemikalien und Pharmazeutika bedeuten einen spürbaren Preisaufschlag – und damit eine zusätzliche Belastung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Exporterwartungen spiegeln die angespannte Lage wider: Während Pharmaunternehmen trotz stark schwankender Einschätzungen optimistisch bleiben, zeigen sich die Chemieunternehmen bislang eher zurückhaltend. Ob das Exportgeschäft wieder an Fahrt gewinnt, hängt maßgeblich davon ab, wie das Abkommen konkret ausgestaltet wird – und inwieweit die Unternehmen am Standort Deutschland entlastet werden.
VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des VCI, kommentiert: „Das Abkommen mit den USA zeigt: Augenhöhe war früher! Wollen Deutschland und Europa auch künftig mitspielen, muss die Politik jetzt klotzen statt reden. Der Weg ist eingeschlagen, aber es fehlt an mehr Entschlossenheit. Um den für Chemie & Pharma dramatischen Zolldeal zu verschmerzen, müssen jetzt zügig Entlastungen her: bei Energiepreisen, Bürokratie, Regulierung und Steuern. Zudem müssen wir den EU-Binnenmarkt konsequent stärken und weitere Handelsabkommen abschließen. Alles nichts Neues. Aber jetzt zählt‘s dreifach!“