Die Capgemini SE, Paris, hat die 26. Ausgabe des World Energy Markets Observatory (WEMO) veröffentlicht. In diesem jährlichen Report analysiert das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Hogan Lovells Interntional LLP, Washington, der Vaasa ETT oy Ab Ltd, Helsinki, und der Enerdata SAS, Grenoble, den aktuellen Stand der Energiewende weltweit. Für das vergangene Jahr ist trotz der Fortschritte ein weiterer Anstieg der Treibhausgasemissionen zu verzeichnen: 2023 erreichten sie mit 37,4 Mrd. t einen neuen Rekordwert. Dies bestätigt, dass sich die Menschheit nicht auf Kurs befindet, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Der Report gibt Aufschluss darüber, auf welchen Schlüsselbereichen der Fokus fortan liegen müsste, um die komplexen Herausforderungen der Energiewende zu bewältigen. Dazu zählt auch ein Perspektivwechsel beim Erfassen des Fortschritts bei erneuerbaren Energien sowie verstärkte Investitionen in das Stromnetz und in klimafreundliche Technologien.
Torben Schuster, Head of Energy Transformation & Utilities bei der Capgemini Invent in Deutschland, erläutert, dass die Energiewende der größte Hebel zum Schutz des Klimasystems ist und schnell umgesetzt werden muss. Er betont, dass das Ziel von Netto-Null-CO2-Emissionen bis 2050 in einer steilen Reduktionskurve angesteuert werden muss, während der weltweite Strombedarf wächst. Daher muss das historische Ausbautempo erneuerbarer Energien für die Zukunft rapide ansteigen. Neben Netzflexibilität und Energiespeichern ist ein Perspektivwechsel notwendig: vom Blick auf den Primärverbrauch hin zur Messung des Endenergiebedarfs. Damit können die Fortschritte bei sauberer Energie besser erfasst, realistischere Prognosen getroffen und die Netzstabilität weiter gewährleistet werden.
Die wichtigsten Erkenntnissen des Reports von 2024
Es ist notwendig, die Nutzung erneuerbarer Energien global und insbesondere in Entwicklungsländern zügig auszuweiten, um die weltweiten Dekarbonisierungsziele für 2030 und 2050 zu erreichen. 2023 lag die Gesamtmenge der durch klimafreundliche Energiequellen bereitgestellten Endenergie bei rund 40 % des weltweiten Bedarfs. Dabei stieg die Gesamtkapazität der Energien mit geringen CO2-Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 14 %, wobei die Kapazität der Solarenergie stärker ausgebaut wurde (um 32 %) als die der Windenergie (um 13 %). Wenngleich 2024 verspricht, einen weiteren Rekord zu erreichen – wie dies bereits in den 22 Jahren zuvor der Fall war, liegt das Wachstum weit unter dem, was erforderlich ist, um bis 2050 die CO2-Emissionen auf Netto-Null zu senken. Da die Marktdurchdringung erneuerbarer Energien wächst und Effekte auf die Netzstabilität hat, ist ein Zusammenspiel mit stationären Energiespeichern erforderlich. Laut der WEMO sollte der Ausbau speicherbarer erneuerbarer Energie, beispielsweise aus Biomasse oder Geothermie, beschleunigt werden.
Wasserstoff ist ein strategischer Hebel zur Dekarbonisierung. Die Zahl der Wasserstoff-Projekte mit Investitionszusagen hat sich in den letzten zwei Jahren vervierfacht. Dabei ist eine Neuausrichtung der Anträge zu beobachten, da die Kosten für die klimafreundliche Wasserstoffproduktion steigen, der Wettbewerb zwischen verschiedenen Einsatzzwecken zunimmt und neue Gesetze in Kraft treten. In dieser Situation haben nur bestimmte Anwendungsfälle in schwer zu dekarbonisierenden Industriezweigen wie der Schwerindustrie und der Schifffahrt starkes Potenzial.
Es ist eine Verdreifachung der globalen Kernkraftkapazität erforderlich, um eine stabile, klimafreundliche Stromversorgung zu gewährleisten. Die COP28 hat die entscheidende Rolle der Kernenergie zur Eindämmung des Klimawandels anerkannt. Bei der Renaissance der Kernenergie, einschließlich kleiner modularer Reaktoren (SMR), sind zwar vielversprechende Fortschritte zu verzeichnen, doch gestaltet sich die Entwicklung neuer Kernkraftwerke nach wie vor schwierig. Im Jahr 2023 lieferten 440 Kernreaktoren (390 GW) 9 % des weltweiten Stroms; dies entspricht 25 % des klimafreundlich erzeugten Stroms weltweit. SMRs befinden sich in der Planungs- oder frühen Konstruktionsphase; es wird noch viele Jahre dauern, bis sie in großem Maßstab eingesetzt werden können, da ihre Serienfertigung sich als komplex erweisen kann. Dem Report zufolge sollte daher der Verlängerung der Lebensdauer bestehender Kernkraftwerke eine größere Rolle zukommen.
Das Stromnetz ist laut Capgemini von entscheidender Bedeutung für die Beschleunigung der Energiewende. Investitionen in das Stromnetz nehmen derzeit zu; 2024 werden sie voraussichtlich 400 Mrd. Dollar erreichen. Europa, die USA, China und Teile Lateinamerikas sind dabei führend. Laut dem Report ermöglichen Technologien wie KI präzisere Prognosen des Stromverbrauchs und feiner abgestimmte Optimierungsszenarien zur Netzstabilisierung.
Zwar hat KI das Potenzial, die Dekarbonisierung erheblich zu beschleunigen, doch mangelndes Know-how und ein Fokus auf nur kurzfristige Proof-of-Concepts bremsen die Einführung bisher aus. In Kombination mit entsprechenden Gen-AI-Workflows und -Modellen spielt KI jedoch eine wichtige Rolle als Katalysator – ist es zur Verbesserung der Netzeffizienz, zur E-Fuel-Erforschung, Entwicklung neuer Batteriesysteme oder Windturbinen, für die synthetische Biologie oder fundierte Erkenntnisse aus vielen Datenquellen zur Entscheidungsfindung.
Protektionistische Ansätze zur Erhöhung der Energiesouveränität können unerwünschte Auswirkungen haben. Die anhaltenden geopolitischen Unsicherheiten beeinträchtigen die Energiemärkte und -systeme. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, verzerren Embargos, Zölle und Subventionen in fast allen Ländern die Energiemärkte und gefährden eine effiziente Bereitstellung von Kapital. Dem Report zufolge erweisen sich Embargos als ineffektiv; sie verringern die Transparenz und Rückverfolgbarkeit der Energieversorgung, was für die Dokumentation von Maßnahmen zur Dekarbonisierung unerlässlich ist. Wenn der Zugang zu den günstigsten Energiequellen und Anlagen verweigert wird, steigen die Preise für die Verbraucher und die für die Energiewende verfügbaren Mittel reduzieren sich.
Laut dem WEMO ist der „Primärenergiebedarf“ im Kontext der Energiewende ein veraltetes Konzept. Den Endenergieverbrauch (in kWh) zu messen – statt den Primärenergieverbrauch – ermöglicht genauere Prognosen und größere Fortschritte bei klimafreundlich erzeugter Energie. Die Messung des Primärenergieverbrauchs ignoriert, wie viel effizienter neue, auf Elektrizität basierende Systeme sind – auch beim Einsatz für dieselben Zwecke mit gleich hohem Endenergiebedarf. Denn fossile Brennstoffe werden bei der Stromerzeugung in erheblichem Maße verschwendet. Darüber hinaus wird bei der Erschließung und Verarbeitung fossiler Brennstoffe zusätzlich Energie verbraucht.
Die Capgemini ist ein globaler Business- und Technologie-Transformationspartner für Organisationen. Das Unternehmen unterstützt diese bei ihrer dualen Transformation für eine stärker digitale und nachhaltige Welt – stets auf greifbare Fortschritte für die Gesellschaft bedacht. Die Capgemini ist nach eigenen Angaben eine verantwortungsbewusste, diverse Unternehmensgruppe mit einer über 55-jährigen Geschichte und 340.000 Mitarbeitenden in mehr als 50 Ländern. Kunden vertrauen auf die Capgemini, um das Potenzial von Technologie für die ganze Breite ihrer Geschäftsanforderungen zu erschließen. Die Capgemini entwickelt mit einer starken Strategie, Design- und Engineering-Expertise umfassende Services und End-to-End-Lösungen. Dabei nutzt das Unternehmen seine führende Kompetenz in den Bereichen KI, Cloud und Daten sowie profunde Branchenexpertise und sein Partner-Ökosystem.