Obrist Group schlägt grundlastfähiges und nachhaltiges Energiekonzept vor

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Energie, International, Unternehmen
Eine Methanolproduktionsanlage der Obrist Group.
Foto: Obrist Group

Europa ist nach Aussage von Thorsten Rixmann, Chief Marketing Officer der Obrist Group, Lustenau, aufgewacht angesichts der geopolitischen Erschütterungen. Im Zuge der Neuorientierung an stärkerer europäischer Autarkie, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität im Weltmaßstab ist es nach seinen Worten höchste Zeit, auch die Energieversorgung auf ein eigenständiges globales Fundament zu stellen. In der Umstellung der europäischen Energieversorgung auf eine global organisierte Methanolwirtschaft sieht er eine „riesige Chance“ für Europa.

Sonne und Wind alleine bringen nach Meinung von T. Riexmann keine grundlastfähige Energieversorgung hervor. Kernkraft ist für ihn umstritten und teuer. Bei Öl, Kohle und Gas ist Europa auf Importe angewiesen, ganz abgesehen davon, dass die Abkehr von fossilen Brennstoffen im Sinne des Klimaschutzes geboten ist. Eine globale Methanolwirtschaft, die von Europa aufgebaut und betrieben wird, ist für ihn daher der beste Weg, Europa mit grundlastfähiger, wettbewerbsfähiger und nachhaltiger Energie zu versorgen. Der CMO spricht von einer Kombination des Besten aus allen Welten: Methanol kann aus Sonnenenergie hergestellt werden, ist aber beispielsweise im Gegensatz zu Wasserstoff im Normalzustand flüssig und kann daher über die weltweit existierenden Infrastrukturen wie Pipelines, Tankschiffe und Tanklaster transportiert werden. Der Nachteil: Die Strahlungsintensität der Sonne innerhalb Europas reicht nicht aus, um die Methanolherstellung wirtschaftlich zu betreiben; diese muss im Sonnengürtel der Erde näher am Äquator stattfinden.

Weltweite Gigaplants unter europäischer Führung
Als Abhilfe aus diesem „Dilemma“ zieht T. Rixmann das Gigaplant-Konzept der Obrist Group heran, das zur industriellen Serienreife entwickelt und für den Einsatz bereit ist. Der Vorschlag: Unter EU-Führung werden Methanolproduktionsstätten in Ländern Afrikas und im Nahen Osten, wo die Sonnenintensität ausreichend hoch ist, kooperativ im großen Stil errichtet und betrieben. Das dort hergestellte Methanol dient nicht nur der zuverlässigen Energieversorgung Europas, sondern kann auch anderen Staaten verfügbar gemacht werden.

Von einem solchen Vorstoß würden über Europa hinaus auch die kooperierenden Länder profitieren, betont der Obrist-Manager. Er malt das Bild einer aufblühenden Wirtschaft in afrikanischen Ländern, die sich dank Gigaplants zu einem Zentrum der globalen Energieversorgung entwickeln können. Den Ländern im Nahen Osten würde die Methanolproduktion die sukzessive Abkehr von der Erdölförderung ermöglichen.

Europa hat nach Überzeugung von T. Riexmann die historische Chance, eine Schlüsselrolle bei der weltweiten Energieversorgung zu spielen. Dazu ist es nach seinen Worten notwendig, zügig entsprechende Vereinbarungen mit Partnerländern zu schließen und in eine globale Methanol-Produktionsinfrastruktur zu investieren. Das wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Autarkie, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität für Europa.

Das Gigaplant-Konzept im Überblick
Gigaplants sind eine Art riesiger Solarpark, die jedoch keinen Strom liefern, sondern nachhaltig produziertes Methanol. Bei der Produktion wird der Atmosphäre mehr klimaschädliches CO2 entzogen als bei der späteren Nutzung abgegeben wird. In einer Gigaplant sollen dem Obrist-Vorschlag zufolge rund 4 Mio. t/a Methanol hergestellt werden.

Aufgrund der hohen Sonnenintensität ist in den anvisierten Regionen Solarstrom für nur 0,88 Cent pro Kilowattstunde verfügbar. Diese sogenannten Stromgestehungskosten für die Umwandlung von einer anderen Energieform in elektrischen Strom liegen bei herkömmlichen Solarparks zwischen 3 Cent und über 5 Cent, bei Windkraftanlagen zwischen rund 4 Cent (Onshore) und rund 12 Cent (Offshore), bei Biomasse zwischen 7 Cent und 17 Cent, bei Erdgas zwischen rund 8 Cent und 13 Cent, bei Stein- und Braunkohle zwischen 10 Cent und 20 Cent und bei Kernkraft zwischen 3,5 Cent und 8 Cent pro Kilowattstunde. Das Obrist-Konzept erzeugt den Strom also zu weniger als einem Drittel der Kosten des billigsten alternativen Verfahrens.

Da Elektrizität jedoch schwer im großen Stil zu speichern und noch schwerer zu transportieren ist, wird diese in der Gigaplant „nur“ zur Elektrolyse genutzt, um aus Wasser im ersten Schritt Wasserstoff und aus diesem im zweiten Schritt Methanol zu erzeugen. Das für die Methanolproduktion benötigte Wasser wird der Umgebungsluft entnommen; dabei genügt eine Luftfeuchtigkeit von 10 %, wie sie selbst in der Wüste vorhanden ist. Die Gigaplants lassen sich also in Wüsten oder auf sonstigem Ödland errichten, das ohnehin nicht anderweitig genutzt werden könnte. Dadurch bleiben die Kosten niedrig und es gibt keine Konflikte mit Besiedlungsprojekten oder der Landwirtschaft. Die Kosten für das durch Solarenergie und „Wüstenwasser“ hergestellte flüssige Methanol beziffert die Obrist Group auf unter 6 Cent/kWh, also weit weniger als jeder andere bekannte Energieträger.

Sicherheit und Rendite für Europa
Der Aufbau einer derartigen Energieinfrastruktur würde der EU zwar Fingerspitzen-Diplomatie abverlangen, um Vereinbarungen mit Ländern in einer Äquator-nahen Lage zu treffen, räumt T. Rixmann ein, aber letztlich handelt es sich dabei in erster Linie um wirtschaftspolitische Maßnahmen, die diesen Staaten ebenso wie den europäischen Ländern zugutekommen. Die Anschubfinanzierung für eine globale Methanolwirtschaft müsste nach seiner Auffassung die EU übernehmen: Das Investment würde sich binnen weniger Jahre lohnen. Er rechnet vor: Die Baukosten für eine Gigaplant liegen bei kalkulierten 18,6 Mrd. Euro. Diese produziert rund 4 Mio. t/a Methanol, was bei heutigen Energiepreisen einem Umsatz von rund 4,3 Mrd. Dollar entspricht. Bei jährlichen Betriebskosten von rund 340 Mio. Dollar verbleibt ein Bruttogewinn von rund 4 Mrd. Dollar.

In weniger als fünf Jahren wären so laut T. Riexmann die Errichtungskosten wieder eingespielt, was einer jährlichen Rendite von über 21 % entspricht. Damit wäre für ihn die Errichtung einer Gigaplant-Infrastruktur für Europa nicht nur strategisch ein gewaltiger Fortschritt, sondern würde auch eine der besten Renditen für das Geld der europäischen Steuerzahler erwirtschaften. Gleichzeitig wäre Europa mit dieser Vorgehensweise tatsächlich ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz: Jede Gigaplant entfernt jährlich mehr als 6,2 Mio. t netto an CO2 aus der Atmosphäre. Dem Klima kommen außerdem die über 6,5 Mio. t Sauerstoff zugute, die im Zuge der Methanolherstellung in jedem Jahr in die Atmosphäre abgegeben werden.

Nach Berechnungen der Obrist Group würden rund 3.000 Gigaplants benötigt, um mit Methanol die Nutzung fossiler Brennstoffe vollständig zu ersetzen. Die Gesamtkosten zur Errichtung der „sauberen“ Energiefabriken lägen demnach bei rund 50 Bio. Dollar. Das ist auch nach Auffassung von T. Riexmann ein großes Ziel, das seiner Meinung nach aber Schritt für Schritt erreichbar wäre. Die aktuelle Weltlage wäre für ihn ein guter Grund für die Europäische Union, schnell den ersten Schritt zu gehen und zwei oder drei Gigaplants in verschiedenen Ländern auf den Weg zu bringen. Eine sichere und wirtschaftliche Energieversorgung würde Europas Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit nach seiner Überzeugung maßgeblich steigern und zur nachhaltigen Sicherung des Wohlstands der europäischen Bevölkerung beitragen.

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