Die Automobilindustrie erlebt derzeit den größten Wandel seit Erfindung des Verbrennungsmotors: Die Elektrifizierung des Personen- und Güterverkehrs ist weltweit in vollem Gange und spielt eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die Herausforderungen dieser Transformation standen im Mittelpunkt der „New Battery World 2025“ in München, einem zweitägigen Gipfeltreffen zur Zukunft der Elektromobilität. Mehr als 500 Teilnehmer und zahlreiche Speaker und Unternehmenspartner tauschten sich über Trends und Innovationen aus, vor allem zu Batterie-Technologien und -Produktionsverfahren, Brennstoffzellen sowie zur Ladeinfrastruktur für Pkws und Nutzfahrzeuge. Präsentiert wurden beispielsweise das Pilotprojekt iX5 Hydrogen der BMW AG, München, sowie der Prototyp des Brennstoffzellen-Lkw der Daimler Truck AG, Leinfelden-Echterdingen. Außerdem erhielten die Kongressteilnehmer exklusive Einblicke in das Kompetenzzentrum für Batteriezellfertigung der BMW in Parsdorf bei München. Organisiert wurde das Event vom Automobilexperten Prof. Ferdinand Dudenhöffer und dem Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE, Stuttgart.
„Grüner“ Antrieb für schwere Lasten: Wasserstoff treibt Nutzfahrzeuge an
Im Fokus des Branchentreffs stand unter anderem die Dekarbonisierung des Nutzfahrzeugsektors. Dabei spielt Wasserstoff eine wichtige Rolle. So berichtete Dr. Michael Rath, Vice President Hydrogen Vehicles der BMW, in seinem Vortrag von ersten Pilotprojekten bei der BMW. Der Autohersteller setzt im Rahmen des europäischen Projekts H2Haul bereits zwei Brennstoffzellen-Lkw ein. Schon 2028 soll die Produktion der Wasserstofffahrzeuge in Serie gehen. Wichtige Voraussetzung dafür ist der Aufbau einer zuverlässigen Ladeinfrastruktur, so Florian Langlotz, Partner und Head of Automotive bei der Drees & Sommer.
Laut einer Untersuchung der NOW GmbH, Berlin, braucht Deutschland in den Jahren 2035, 2040 und 2045 voraussichtlich 1.150, 1.700 und 2.350 Wasserstofftankstellen. Der Bedarf an Wasserstoff für diese Tankstellen, die hauptsächlich schwere Nutzfahrzeuge betanken sollen, wird bis 2030 auf 385.000 t bis 510.000 t steigen. F. Langlotz betonte, dass Wasserstoff im Schwerlastverkehr, wo Batterieantriebe an ihre Grenzen stoßen, eine wichtige Ergänzung für eine klimafreundliche Mobilität ist. Er erklärte, dass bei den Antrieben der Zukunft nicht nur auf eine Technologie gesetzt wird, da sich Brennstoffzellen- und Elektrofahrzeuge ideal ergänzen.
Batterie-Know-how aus Europa
Im Rampenlicht des Kongresses standen auch wegweisende Akku-Technologien für Stromer. Europäische Unternehmen bauen ihr Batterie-Know-how kontinuierlich aus und legen damit die Basis für künftige Innovationen. Ein Beispiel: Die PowerCo SE, Salzgitter, das Batterieunternehmen der Volkswagen AG, Wolfsburg, arbeitet gemeinsam mit dem Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer AG, Würzburg, am so genannten Dry Coating-Verfahren. Mit diesem neuen Produktionsverfahren lässt sich der Energieverbrauch in der Zellfertigung um rund 30 % senken. Außerdem entfällt der Einsatz von chemischen Lösungsmitteln.
Frank Blome, Chief Executive Officer der PowerCo, erklärte, dass der Aufbau einer lokalen Batterieindustrie für Europa von großer Bedeutung ist. Er betonte, dass Innovationen wie das Dry Coating-Verfahren zeigen, dass heimische Unternehmen über das nötige Know-how verfügen, um die Batterietechnologie mitzugestalten. Im Wettbewerb mit China und den USA sind konkurrenzfähige Rahmenbedingungen erforderlich. Die EU nimmt laut F. Blome mit dem Automotive Action Plan wichtige Weichenstellungen vor und unterstützt den Aufbau der Industrie mit Instrumenten wie einer OPEX-Förderung.
IEA-Prognose: Jedes zweite Auto weltweit bis 2035 elektrisch
Zwar hat das rasante Marktwachstum von Elektrofahrzeugen in Deutschland im Jahr 2024 einen Dämpfer erhalten. Aber die Nachfrage nach E-Autos wird laut der Drees & Sommer weltweit weiter steigen, insbesondere in China, das auch eine führende Rolle in der Produktion von Batterien einnimmt – zu diesem Ergebnis kommt die IEA Internationale Energie-Agentur, Paris. Demnach wird unter den aktuellen politischen Rahmenbedingungen bis zum Jahr 2035 jedes zweite weltweit verkaufte Auto elektrisch sein. Bei einer ambitionierten Klimapolitik könnten es sogar zwei von drei Fahrzeugen sein. So ließe sich laut IEA der Bedarf an rund 12 Mio. b/d Rohöl vermeiden, was dem derzeitigen Verbrauch im Straßenverkehr in China und Europa zusammen entspricht.
F. Dudenhöffer erklärte, dass E-Fahrzeuge mit innovativer Batterietechnik der Schlüssel für eine emissionsfreie Mobilität sind. Deutschland und Europa dürfen die Spitzenposition in dieser Innovationsbranche nicht China überlassen, wo bereits 50 % der Neuwagenverkäufe auf Elektromobile entfallen. Er hob hervor, dass eine langfristige Strategie für die europäische Batteriezellenproduktion notwendig ist, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Es gilt, die Herstellungskapazitäten auszubauen, die Fertigungsprozesse effizienter zu gestalten und nachhaltige, leistungsfähige Batterietechnologien zu entwickeln, die hohe Reichweiten, kurze Ladezeiten und eine bessere Recyclingfähigkeit bieten. Außerdem ist der beschleunigte Ausbau der Ladeinfrastruktur erforderlich, ebenso wie ein breites Angebot an Automodellen zu niedrigen Preisen.
Die Zukunft ist digital – auch in der Batteriefertigung
F. Langlotz erklärte, dass die Branche vor der gewaltigen Aufgabe steht, die Produktionswerke für Batterien der E-Mobilität in kürzester Zeit zu planen, zu bauen und in Betrieb zu nehmen, um die steigende Nachfrage zu decken. Er sagte, dass die Branche auf Zukunftskonzepte wie Smarte Fabriken und das Industrial Metaverse setzt, um diese Herausforderung zu meistern. Die Grundidee ist, Fabriken und ihre Prozesse digital zu simulieren – eins zu eins und in Echtzeit. Dadurch lassen sich potenzielle Probleme bereits in der virtuellen Welt erkennen, sodass im realen Werk von Anfang an alles fehlerfrei läuft.
F. Langlotz berichtete weiter, dass in Zusammenarbeit mit der NVIDIA Corporation, Santa Clara, und der T-Systems International GmbH, Frankfurt, bereits erste erfolgreiche Praxisprojekte in der Automobilindustrie realisiert wurden. Dank digitaler Zwillinge lassen sich Werke besser planen, schneller realisieren und effizienter betreiben. Bei der Batterieproduktion ist es laut F. Langlotz außerdem möglich, zahlreiche Variationen der Produktionsparameter virtuell zu testen.
Rohstoffkreisläufe: Jetzt geht´s rund
Ein weiterer Fokus der „New Battery World 2025“ lag auf der Beschaffung und Wiederverwertung der Batterie-Rohstoffe und -Materialien. Jan Christoph von der Lancken, Geschäftsführer der EPEA GmbH, Stuttgart, einer Tochtergesellschaft der Drees & Sommer, erklärte, dass sein Unternehmen andere Unternehmen dabei unterstützt, ihre Batterien nachhaltig zu gestalten und nach dem Prinzip „Cradle to Cradle“ kreislauffähig zu machen. Er erläuterte, dass „Cradle to Cradle“ – von der Wiege zur Wiege – im Kern bedeutet, Produkte und Prozesse so zu gestalten, dass sie am Ende ihres Lebenszyklus nicht zu Abfall werden, sondern sich in qualitativ hochwertige biologische oder technische Stoffkreisläufe zurückführen lassen.
J. C. von der Lancken betonte, dass das Cradle to Cradle-Prinzip auch auf Batterien für Elektromobile anwendbar ist. Laut ihm sind gesetzliche Vorgaben wie die EU-Batterieverordnung von 2023 wichtige Treiber, die die Kreislaufwirtschaft fördern sollen. Er hob das hohe Potenzial der Batteriewiederverwertung hervor, das laut einer aktuellen Studie des europäischen Dachverbands T&E Transport und Environment, Berlin, belegt sind. Der Studie zufolge kann Europa seine Abhängigkeit von importierten Batteriemineralien wie Lithium, Nickel und Kobalt ab 2030 um bis zu ein Viertel reduzieren. Laut J. C. von der Lancken können allein mit den Materialien aus Altbatterien und Abfällen großer Fabriken neue Batterien für bis zu 2,4 Mio. Elektroautos produziert werden.
Starkes Netz von Stromtankstellen
Für F. Langlotz ist ein weiterer Erfolgsfaktor für die Zukunft der E-Mobilität der schnelle Ausbau einer flächendeckenden und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur. Der genaue Bedarf in Deutschland werde derzeit diskutiert. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 zwischen 380.000 und 680.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte benötigt werden, davon 55.000 bis 90.000 HPC-Ladepunkte, also High-Power-Charging-Zapfsäulen, die ein besonders schnelles Aufladen ermöglichen. Derzeit gibt es rund 154.000 öffentliche Ladepunkte.
F. Langlotz erklärte weiter, dass der erfolgreiche Ausbau der Ladeinfrastruktur eine fundierte Planung erfordert. Sein Unternehmen unterstützt Städte, Kommunen und Unternehmen mit ganzheitlichen Lösungen – von Konzeption und Standortanalyse über Finanzierung und Fördermittelcheck bis hin zu Kostencontrolling und wirtschaftlichem Betrieb.
New Automotive World: Die Konferenz geht in Serie
Mit der „New Battery World 2025“ setzen die Drees & Sommer und F. Dudenhöffer die Konferenzserie unter dem Dach der „New Automotive World“ fort, die im vergangenen Jahr einen starken Auftakt feierte. Nach der „New Battery World 2025“ steht im September 2025 die „New Manufacturing World“ in Wolfsburg an – ein weiterer Branchentreff zur Zukunft der Mobilität.