Der Forschungsverbund E4MeWi , der CreativeQuantum GmbH, Berlin, demonstriert aktuell in einer Container-Anlage im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen, wie effektiv „grünes“ Methanol in Zukunft hergestellt werden kann. Methanol gilt als Schlüsseltechnologie, um die Schiff- und Luftfahrt zu defossilisieren und auch die chemische Industrie aus der Abhängigkeit von Erdöl zu befreien. In dem Projekt werden zwei unterschiedliche zukunftsträchtige Verfahrensansätze in einer Container-Anlage verglichen: Die INERATEC GmbH, Karlsruhe, startet mit der etablierten heterogen-katalysierten Direktsynthese von e-Methanol aus „grünem“ Wasserstoff und Kohlendioxid. Die CreativeQuantum und das LIKAT Leibniz-Institut für Katalyse e. V., Rostock, setzen ein vergleichsweise neues, homogen-katalysiertes Verfahren ein. Dafür benötigtes Synthesegas soll aus einer neuartigen Co-Elektrolyse stammen, welche die Ruhr-Universität Bochum entwickelt hat. Das homogen-katalysierte Verfahren arbeitet, bei deutlich geringeren Temperaturen und Drücken. Das Projekt wird seit dem 1. November 2020 mit insgesamt rund 2 Mio. Euro vom BMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Berlin, gefördert.
Ziel des Projekts ist, die zwei Verfahren zur Herstellung von e-Methanol in einem Container in industrieller Umgebung im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen zu testen und deren Leistungsfähigkeit zu demonstrieren. Aufgrund der Nutzung erneuerbarer Quellen für „grünen“ Wasserstoff sind diese Lastflexibilität und Rohstoffeffizienz entscheidend.
Das homogen-katalysierte Verfahren verfolgt einen vollkommen neuen Ansatz. Dr. Marek Checinski, Geschäftsführer der CreativeQuantum GmbH und Initiator des Konsortiums, erklärt, dass durch die am Computer begonnene Entwicklung von den hochspezialisierten homogenen Katalysatoren bei signifikanten Produktionsraten und hohen Selektivitäten die Reaktionstemperatur von 260 °C auf 130 °C gesenkt werden konnte. Ebenfalls ließ sich auch der erforderliche Druck von 80 bar deutlich mehr als halbieren. Darüber hinaus entsteht nicht wie beim konventionellen Prozess 15 % Wasser als Nebenprodukt, wodurch eine energieintensive Abtrennung entfällt. Die nächste große Aufgabe besteht jetzt darin, durch größere Anlagen und größere Katalysatormengen, die Produktionskosten zu senken.
Nachdem der Grundstein für die Technologie 2017 gelegt und das neue Verfahren 2018 zum Patent angemeldet wurde, fokussierte sich die Zusammenarbeit im Rahmen des Forschungsprojekts von CreativeQuantum und LIKAT, mit dem Team um Dr. Ralf Jackstell, Themengruppenleiter für „Angewandte Carbonylierungen“, auf die Verbesserung des katalytischen Systems und der Prozessbedingungen. Zusätzlich wurde der Prozess weiter skaliert. Durch den intensiven Austausch aus Quantenmechanischen Simulationen und Experimenten konnte dieser iterative Prozess deutlich beschleunigt werden.
Gemäß des Leibniz-Leitspruch „Theoria cum Praxi“ wurde der Prozess von der Entwicklung der Katalysatorsynthese im Labormaßstab über die Lösungsmitteloptimierung bis zum Upscaling begleitet, so R. Jackstell.
Die Arbeitsgruppe von Dr. Ulf-Peter Apfel von der Ruhr-Universität Bochum hat sich zusammen mit der CreativeQuantum mit der Frage beschäftigt: Wie lässt sich „grünes“ Synthesegas gewinnen? Dazu braucht es „grünen“ Strom, Wasser und Kohlenstoffdioxid. Durch systematische virtuelle Screenings und ausgewählte Experimente im Labor konnte das Team neue Materialien für die Katalyse finden, die mittels Co-Elektrolyse CO2 und Wasser gleichzeitig verarbeiten. Dabei wurde der Prozess von einzelnen Atomen bis zu komplexen Oberflächenzusammensetzungen untersucht. Das Team von U.-P. Apfel trieb darüber hinaus die Reaktorentwicklung bis hin zu einer ersten leistungsfähigen Zelle voran. Durch die enge Zusammenarbeit mit der CreativeQuantum war es nach Aussage von U.-P. Apfel schnell möglich, neue, robuste Katalysatorsysteme zu entwickeln und die Reaktionsbedingungen zu ermitteln, mit denen jetzt CO2 zu Synthesegas selektiv umgewandelt werden kann.
Das heterogen-katalysierte Verfahren in diesem Projekt steuerte die INERATEC bei. Die Herausforderung war dabei, die Festkörper-katalysierte Methanolherstellung mittels der Direkthydrierung von CO2 in diese Versuchsanlage herunterzuskalieren. In diesem Verfahren werden CO2 und „grüner“ Wasserstoff in einem weiteren Schritt in das Zielprodukt Methanol umgewandelt. Laut Dr.-Ing. Tim Böltken, Geschäftsführer der INERATEC, wird synthetisches Methanol neben e-Fuels als unverzichtbarer Baustein für eine nachhaltige Zukunft von dem Unternehmen betrachtet, in der fossile Rohstoffe nicht mehr benötigt werden. Die erfolgreiche Produktion von nachhaltigem Methanol in diesem Versuchsmaßstab ist ein entscheidender Schritt auf dem Weg. Er legt ein solides Fundament für die Skalierung der wegweisenden Technologie. In Übereinstimmung mit der Thermodynamik wurde die nächste Skalierungsstufe der Reaktortechnologie nachgewiesen und ist damit eine gute Basis für die globale Skalierung der Methanol-Technologie.
Nach erfolgtem Testbetrieb sollen die jeweiligen Vorteile beider Verfahren bezüglich potenzieller Produktionskosten von „grünem“ Methanol dargestellt werden.
Dank der tatkräftigen Unterstützung von lokalen Partnern wie die Miltitz Aromatics GmbH, Bitterfeld-Wolfen, und die Chemiepark Bitterfeld-Wolfen GmbH konnte in kurzer Zeit eine Verbundanlage im Chemiepark aufgebaut und erfolgreich betrieben werden. Ausgelegt und errichtet wurde die Verbundanlage der INERATEC unter Zuarbeit der Projektpartner. Ebenfalls unterstützt wurde das Projekt durch den wirtschaftlichen Beirat von Vertretern der Unternehmen Linde AG, ThyssenKrupp AG und Clariant International Ltd.
E4MeWi steht für Energie-Effiziente Erneuerbare-Energien basierte Methanol-Wirtschaft. Gerade in der Schifffahrtindustrie kann gegenwärtig den Wandel zu einer E4MeWi gut beobachtet werden. So investieren bereits große Reedereien stark in nachhaltige Methanol-Mobilität. Die Projektpartner entwickeln die E4MeWi-Technologie weiter, um sie möglichst schnell marktreif zu gestalten.