Mit dem Sieg von Donald Trump und der wahrscheinlichen republikanischen Kontrolle von Senat und Repräsentantenhaus stehen für den Sektor Erneuerbare Energie laut Christian Rom, Lead Portfolio Manager DNB Fund Renewable Energy bei der DNB Asset Management AS, Oslo, aktuell zwei Themen im Fokus. Welche Auswirkungen hat die neue Konstellation in den USA auf den Inflation Reduction Act (IRA) sowie auf die Inflation und damit mögliche Zinspolitik. Die DNB Asset Management gehört zu 100 % der DNB Bank ASA, Oslo, und ist nach Angaben des Unternehmens ein integraler Bestandteil des DNB-Konzerns. Die DNB wurde 1822 gegründet und ist Norwegens Finanzdienstleistungskonzern Nr. 1 und gemessen an der Marktkapitalisierung eine der führenden nordischen Banken. Die norwegische Regierung hält 34 % der im Umlauf befindlichen Aktien an der DNB.
C. Rom sieht erst einmal keine zunehmenden Risiken und Unsicherheiten in Bezug auf potenzielle Änderungen am Inflation Reduction Act (IRA). Der Anteil der Investitionen und Arbeitsplätze, der durch das Unterstützungsprogramm des IRA geschaffen wurde, ist in republikanischen Bundesstaaten am stärksten zu spüren. Dies hat dazu geführt, dass mehrere Republikaner ihre Unterstützung für den IRA öffentlich gemacht haben.
Während der ersten Trump-Regentschaft wurden die Investitionssteuergutschriften (Investment Tax Credits) beibehalten, was auf die starke parteiübergreifende Unterstützung für das Programm zurückzuführen ist. Die Erneuerbaren-Energien-Branche entwickelte sich in den zwölf Monaten nach der ersten Trump-Wahl besser als der MSCI World Index.
Zinssätze pendeln sich ein
Das zweite Thema beschäftigt sich mit der Möglichkeit länger anhaltender höherer Zinssätze, bedingt durch gestiegene Inflationserwartungen aufgrund der Politik von D. Trump und den republikanisch besetzten Parlamenten. Diese könnten sich nach Meinung von C. Rom auf niedrigere Steuern, mehr Zölle und Abschiebungen konzentrieren, was insgesamt als inflationär angesehen wird. Die derzeit weltweit hohen Zinssätze wirken sich bereits auf das globale Wachstum und die sinkende Inflation aus. Eine weitere Erhöhung der langfristigen Zinssätze aufgrund eines republikanischen Kurses hätte daher erneut eine gegenläufige einschränkende Wirkung. C. Rom ist der Meinung, dass ein Einpendeln der Zinssätze ausreichen sollte, um das Wachstum der Erneuerbaren-Energien-Branche zu stützen, da die Kostenwettbewerbsfähigkeit weiter gegeben ist. Langfristig sieht er die Wettbewerbsvorteile von Unternehmen als größeren Treiber für deren Wertschöpfung an als Zinssätze.
Daten sprechen für Wachstum des Sektors erneuerbare Energien
Angesichts der langfristigen Aussichten für den Sektor scheint vieles bereits in den aktuellen Bewertungen berücksichtigt zu sein. Aktuell befindet sich der Markt immer noch in der frühen Phase der Elektrifizierung des Energiesektors. Dieses Investmentthema ist nach wie vor intakt und wird durch kurzfristige Daten unterstützt. Die weltweite Nachfrage nach Solarenergie hat sich von 2021 bis 2023 verzweifacht und soll sich von 2023 bis 2030 erneut verdoppeln. Die Vestas Wind Systems A/S, Aarhus, ein weltweit führender Hersteller von Windturbinen, verfügt über einen Rekordauftragsbestand. Das Wachstum des Stromverbrauchs in den USA beträgt in den letzten 12 Monaten rund 4 %, während es in den letzten zwei Jahrzehnten nahezu stagnierte. Die weltweiten Investitionen in „saubere“ Energie übersteigen inzwischen die Investitionen in fossile Brennstoffe und gewinnen weiter an Marktanteilen bei den globalen Energieinvestitionen.
Rechenzentren als Treiber der Stromnachfrage
Das Wachstum von Rechenzentren ist ein bedeutender Treiber der Stromnachfrage und wird je nach Schätzung einen erheblichen Einfluss auf die weltweite Stromnachfrage haben. Am stärksten dürfte sich dieser Einfluss in den USA bemerkbar machen, wo Schätzungen zufolge die Nachfrage von Rechenzentren bis 2030 bis zu 10 % des US-Strombedarfs ausmachen könnte – im Vergleich zu derzeit rund 4 % bis 5 %. In Europa und dem Rest der Welt wird der Anteil der Rechenzentren am Gesamtstrombedarf voraussichtlich deutlich geringer ausfallen, aber dennoch zur steigenden Stromnachfrage beitragen. Dies stellt einen neuen positiven Nettoeffekt für den Sektor dar, der sich in den letzten 12 Monaten konkretisiert hat.
Kosten für Kernkraftwerke sind höher als erneuerbare Energien
Was die Kernenergie betrifft, erwarten die DNB-Analysten, dass sie Teil der Lösung sein wird, um das künftige Wachstum der Stromnachfrage zu decken, was auch durch die jüngsten Ankündigungen von US-Hyperscalern im Bereich Kernenergie unterstrichen wurde. Die Kosten für neue Kernkraftwerke (rund 180 $/MWh laut „Lazard’s Levelized Cost Of Energy Analysis – Version 17.0“) sind deutlich höher als die für erneuerbare Energien, und die Markteinführungszeit für neue Kernkraftwerke ist lang. Daher wird Kernenergie nur ein Teil der Lösung sein. Dasselbe gilt für neue gasbetriebene Kraftwerke (obwohl diese wahrscheinlich schneller gebaut werden können als Kernkraftwerke).
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Energiewende in vollem Gange ist und der zusätzliche Strombedarf von KI-Rechenzentren einen wesentlichen Beitrag zum erwarteten Nachfragewachstum durch die Elektrifizierung leistet. Diese langfristigen Trends werden sehr wahrscheinlich nicht durch eine Präsidentschaft von D. Trump aufgehalten und unterstreichen vermutlich sogar den Bedarf der USA am Inflation Reduction Act. Dennoch ist es unmittelbar nach der Wahl verständlich, dass die Unsicherheit unter Investoren groß ist.