Das Konjunkturbarometer des DIW Berlin Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e. V. ist im April dieses Jahres nach vier Anstiegen in Folge um fast acht Punkte eingebrochen. Es fällt auf 82,9 Punkte, den niedrigsten Wert seit über zwei Jahren. Die enorme Unsicherheit rund um die erratische Zollpolitik des US-Präsidenten Donald Trump und die geplanten Gegenmaßnahmen der Europäischen Union übertragen sich auch auf den Barometerwert. Er entfernt sich zumindest in diesem Monat wieder klar von der neutralen 100-Punkte-Marke, die in etwa einer Wachstumsrate im langfristigen Mittel entspricht.
Die wirtschaftliche Lage in Deutschland, da ist sich DIW-Konjunkturchefin Geraldine Dany-Knedlik sicher, dürfte angespannt bleiben, insbesondere wegen der handelspolitischen Entwicklungen und den damit verbundenen Unwägbarkeiten. In diesem Umfeld werden positive Impulse wie die wiederholten Zinssenkungen der EZB Europäische Zentralbank, Frankfurt, die sich eigentlich positiv auf die Investitionstätigkeit auswirken, aktuell überschattet. Derweil hat sich die Regierungsbildung in Deutschland bis weit ins zweite Quartal gezogen – die von der Fiskalpolitik der neuen Bundesregierung erwarteten Wachstumsimpulse dürften also später einsetzen. Die Wachstumsaussichten für die deutsche Wirtschaft bleiben insgesamt verhalten, zumal Lichtblicke wie das Investitionspaket für die Infrastruktur in diesem Jahr laut G. Dany-Knedlik aufgrund der nötigen Anlaufzeit noch kaum einen Effekt haben werden.
In der deutschen Industrie bleibt die Stimmung gedrückt. Zwar kommen weiter positive Signale, da sich Auftragseingänge und Produktion stabilisiert haben. So wurden Auftrags- und Geschäftslage von den Industrieunternehmen im April erneut zuversichtlicher beurteilt. Dagegen bleiben die Unsicherheiten über die konkreten handelspolitischen Maßnahmen bestehen und die Export- und Geschäftserwartungen, die mit Blick auf die kommenden drei beziehungsweise sechs Monate angegeben werden, haben sich wieder merklich eingetrübt.
In Zeiten eines strukturellen Wandels brauchen Unternehmen nach Aussage von DIW-Konjunkturexpertin Laura Pagenhardt Planungssicherheit, um Geschäftsmodelle zu entwickeln und Investitionen zu planen. Die anhaltende sehr große Unsicherheit verhindert, dass die Industrie sich an die Gegebenheiten anpassen und schnell berappeln kann.
Bei den Dienstleistungen hat sich das Klima im April zwar etwas aufgehellt, ist aber allenfalls zaghaft optimistisch. Das hohe Preisniveau und die unsicheren Beschäftigungsaussichten dürften dafür sorgen, dass sich die privaten Haushalte mit entsprechenden Ausgaben weiter zurückhalten. Das dürfte die Stimmung der Dienstleistungsunternehmen dämpfen.
Die Inflationsrate verharrt leicht über dem Zwei-Prozent-Ziel der EZB, während die Arbeitslosigkeit weiter steigt. Besonders im kriselnden Verarbeitenden Gewerbe war die Beschäftigung zuletzt deutlich rückläufig.
Da die Weltwirtschaft auch aufgrund der zollpolitischen Turbulenzen nicht in Schwung kommt, vermag sie der exportorientierten deutschen Wirtschaft keinen Schub zu verleihen, wie DIW-Konjunkturexperte Guido Baldi resümiert. Es bleibt laut G. Baldi zu hoffen, dass Deutschland jetzt wenigstens einen Teil seiner hausgemachten Probleme löst und beispielsweise den Investitionsstau bei Infrastruktur und Digitalisierung stärker angeht als bislang.