Carbon Cycle Lab: Industrielle Rohstoffe aus Abfällen herstellen

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Allgemein, Forschung & Entwicklung, Unternehmen
Im Carbon Cycle Lab wird unter anderem das chemische Recycling von Kunststoffabfällen erforscht und in den Pilotmaßstab überführt.
Foto: Markus Breig, KIT

Steigende Energiekosten, knappe Ressourcen, wachsende Abfallmengen – die Menschheit hat ein Müllproblem. Mit dem Carbon Cycle Lab (CCLab) haben Forscher des KIT Karlsruher Institut für Technologie, eine neue Entwicklungsplattform für eine nachhaltigere Kreislaufwirtschaft geschaffen. Unter anderem wird das chemische Recycling von Kunststoffabfällen erforscht und in den Pilotmaßstab überführt. Ziel ist es, bisher nicht verwertbare Abfälle wieder in den Stoffkreislauf einzubinden.

Weltweit ist die Kunststoffproduktion in den letzten 70 Jahren stark gestiegen – auf etwa 414 Mio. t im Jahr 2023. Die Recyclingquote beträgt allerdings nur 10 %. Da die Kosten für Energie absehbar weiter steigen und Ressourcen knapper werden, gilt es im Zeichen der Transformation der Industrie, höhere Recyclingquoten zu erzielen. Das KIT will mit der neuen Forschungsplattform CCLab dazu beitragen. Zuvor war es Forschern des KIT mit dem bioliq®-Projekt bereits gelungen, einen vollständigen Verwertungsprozess für biologische Reststoffe zu entwickeln. Mit dem CCLab wird diese Arbeit auf chemisches Recyceln von Kunststoffabfällen erweitert.

Prof. Dr.-Ing. Dieter Stapf, Leiter des Instituts für Technische Chemie des KIT, betont, dass für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft die Abfälle aus verschiedenen Bereichen wie Industrie, Gewerbe, Haushalten sowie der Land- und Forstwirtschaft wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt und dabei erneuerbare Energien eingesetzt werden müssen. Er erklärt, dass die Schließung des Kohlenstoffkreislaufs die Umwelt schont und knappe Ressourcen spart. D. Stapf weist darauf hin, dass Deutschland ein Land ist, in dem Energie und Rohstoffe knapp und teuer sind, und dass die künftigen Rohstoffe die Abfälle sind. Das Recycling dieser Abfälle ist effizient und günstig und trägt dazu bei, unabhängiger von Importen fossiler Rohstoffe zu werden, was vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise besonders dringlich geworden ist.

Das CCLab profitiert von den Erkenntnissen des bioliq®-Projekts. Das KIT erforscht bereits umfassend den Einsatz biogener Reststoffe und nachwachsender Rohstoffe für die Erzeugung nachhaltiger chemischer Produkte und Kraftstoffe. In dem Ende letzten Jahres abgeschlossenen bioliq®-Projekt errichteten Forschende und Partner eine Pilotanlage, mit der es erstmals im Tonnen-Maßstab gelang, Benzin aus Stroh herzustellen. Prof. Dr.-Ing. Frederik Scheiff, Leiter des Bereichs chemische Energieträger am Engler-Bunte-Institut des KIT, erklärt, dass vieles, was bei bioliq® gelernt wurde, in das CCLab übernommen wird. So gelang es in der letzten Betriebskampagne erstmals, Kunststofföle in chemische Rohstoffe umzuwandeln und damit die Perspektive für die Zukunft aufzuzeigen. F. Scheiff betont, dass dies bisher noch niemand geschafft hat. Man hat gelernt, wie solche Technologien entwickelt und skaliert werden, und gezeigt, dass sie auch nutzbar sind, um komplexe, bisher nicht recycelbare Kunststoffabfälle in Chemierohstoffe umzuwandeln.

Verwerten bisher nicht recycelbarer Abfälle
Die neue Forschungsplattform CCLab setzt den mit bioliq® begonnenen Weg der Verwertung von Abfallstoffen konsequent fort. Aufgrund der chemischen Zusammensetzung und der Verunreinigungen kann der größte Teil der Kunststoffprodukte laut dem KIT nicht hochwertig recycelt werden. D. Stapf erläutert, dass im CCLab daran gearbeitet wird, Materialien zu recyceln, die derzeit verbrannt oder deponiert werden und dadurch Treibhausgasemissionen verursachen. Die am KIT entwickelten neuen Technologien ermöglichen es, aus Kunststoffabfällen wieder neue Kunststoffe zu synthetisieren, ohne Erdöl oder Erdgas einzusetzen. Schad- und Störstoffe werden dabei zerstört oder abgetrennt. Anschließend werden die Produkte zu Rohstoffen für die Herstellung neuer Kunststoffe weiterverarbeitet. Im CCLab demonstrieren Forschende die gesamte Wertschöpfungskette. D. Stapf stellt heraus, dass das CCLab eine wichtige Entwicklungsplattform für die nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist, wo neue Technologien aus der Forschung am KIT und in der Helmholtz-Gemeinschaft in den Pilotmaßstab überführt werden.

Großer Bedarf an Recycling
Für D. Stapf steht fest, dass derartige Technologien dringend notwendig sind. Die Recyclingziele der EU sehen vor, dass europaweit bis 2035 zusätzlich 10 Mio. t Kunststoffe pro Jahr recycelt werden. Für Deutschland, das ein Drittel aller Kunststoffe in Europa produziert, bedeutet dies zwei bis 3 Mio. t mehr pro Jahr. D. Stapf erklärt, dass die Europäische Union mit dem European Green Deal den Übergang zu einer ressourceneffizienten, klimaneutralen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft schaffen will. Das CCLab liefert wichtige Erkenntnisse darüber, wie dies im industriellen Maßstab funktionieren kann.

Am CCLab beteiligen sich am KIT unter anderem das Institut für Katalyseforschung und Technologie, das Engler-Bunte-Institut sowie das Institut für Technische Chemie. Außerdem bestehen Kooperationen zum Technologietransfer mit vielen Industrieunternehmen. Der Bund fördert die Forschungsplattform als Teil der Helmholtz-Gemeinschaft.

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