Dr. Peter Tschentscher, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, und Christian Maaß, Abteilungsleiter Wärme, Wasserstoff und Effizienz des BMWK Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Berlin, haben Anfang Januar dieses Jahres gemeinsam mit Dr. Toralf Haag, Chief Executive Officer der Aurubis AG, Hamburg, und Michael Prinz, Geschäftsführer der HEnW Hamburger Energiewerke GmbH, mit der Einweihung des HEnW-Wärmespeichers symbolisch die Lieferung der klimaneutralen Industriewärme gestartet. Die beiden Unternehmen schaffen damit die Voraussetzungen, dass künftig bis zu 20.000 Hamburger Haushalte klimaneutral heizen können und bis zu 100.000 t CO2-Emissionen vermieden werden. Ihren im Dezember 2021 geschlossenen Vertrag zur Industriewärmelieferung setzen die beiden Unternehmen damit planmäßig um. Dieses Projekt ist in seiner Größe und Komplexität einzigartig in Deutschland.
Das Multimetallunternehmen Aurubis koppelt die Wärme in einem Nebenprozess seiner Kupferproduktion aus. Dafür hat das Unternehmen im Sommer 2024 umfangreiche Investitionen in seiner Hamburger Hütte vorgenommen. Die Wärme wird in Form von heißem Wasser in den Druckwärmespeicher in Hamburg-Veddel geleitet, den die Hamburger Energiewerke kürzlich fertiggestellt haben. Der Wärmespeicher ist heute bereits mit bis zu 4 Mio. Litern Heißwasser der Aurubis-Wärme befüllt. Er funktioniert ähnlich wie eine Thermoskanne: Bei Bedarf wird die Wärme in das über 860 km lange Stadtnetz der Hamburger Energiewerke eingespeist. Das BMWK und die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB Hamburg) fördern das Projekt.
Die Industriewärmelieferung der Aurubis in Kombination mit dem Wärmespeicher ist ein Baustein des Energieparks Tiefstack, mit dem die Hamburger Energiewerke den Kohleausstieg Hamburgs bis 2030 besiegeln. Nach Angaben der Unternehmen, gestalten mit dem aktuellen Projekt die Aurubis und die Hamburger Energiewerke gemeinsam die Wärmewende aktiv mit und leisten einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Hamburger Klimaziele. Die Wärmelieferung soll noch in der Heizperiode 2024/25 beginnen.
Aus Sicht von P. Tschentscher ist der beste Weg für den Klimaschutz der Einsatz innovativer Technologien. Dazu gehört die Nutzung industrieller Abwärme für die Wärmeversorgung von Gebäuden. Prozesswärme, die bei der Kupferherstellung entsteht, wird von der Aurubis künftig in das Fernwärmesystem der Hamburger Energiewerke eingespeist. Die bislang ungenutzte Abwärme der Kupferhütte trägt zur Dekarbonisierung im Gebäudesektor bei, indem bis zu 100.000 t CO2-Emissionen pro Jahr vermieden werden. Mit solchen Projekten können laut P. Tschentscher große Fortschritte auf dem Weg zur klimaneutralen Metropole Hamburg erreicht werden. Industrie und Klimaschutz werden verbunden, die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes gestärkt und der Klimaplan, der ambitionierte CO2-Ziele für die Stadt Hamburg beinhaltet, umgesetzt.
C. Maaß erklärt, dass das Ziel als Bund ist, dass solche Projekte künftig noch einfacher umsetzbar werden, indem die Rahmenbedingungen weiter verbessert werden, denn das Potenzial für Abwärmenutzung ist riesig. In den nächsten Jahren kommen große Mengen Abwärme aus Rechenzentren für künstliche Intelligenz und aus Elektrolyseuren für die Wasserstoff-Erzeugung auf den Markt. Diese Abwärme sollte genutzt werden, um kostengünstige Fernwärme zu erzeugen – anstatt sie in die Luft zu pusten. Das Hamburger Projekt ist für C. Maaß dafür ein leuchtendes Beispiel, das der Bund deshalb mit voller Kraft unterstützt hat.
Nach Aussage von Jens Kerstan, Senator für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft, profitieren alle im Hamburger Stadtnetz vom HEnW-Wärmespeicher und der Industriewärme in Hamburg: die Aurubis, die Hamburger Energiewerke, die Umwelt und speziell die Menschen in Hamburg. Der Kreislauf wird damit geschlossen und zuvor ungenutzte Energie direkt für Hamburger Haushalte nutzbar gemacht. J. Kerstan zeigt sich erfreut, dass jetzt die gesamte Abwärme der Aurubis zur Wärmeversorgung beiträgt. Schon seit einigen Jahren werden die ersten beiden Stränge genutzt und damals vorausschauend die Infrastruktur schon auf die zusätzliche Auskoppelung aus dem dritten Strang ausgelegt. Das bundesweite Leuchtturmprojekt mit Vorbildcharakter reiht sich in die Erfolge für die Wärmewende in Hamburg ein.
Die Aurubis produziert mit ihren Metallen die Basis für die Energiewende, so T. Haag. Das Industriewärme-Projekt zeigt nach seiner Meinung deutlich, dass nachhaltiges Wirtschaften und Handeln in dem Unternehmen Hand in Hand gehen und die Industrie ein wichtiger Teil der Lösung für die Herausforderungen der Zeit sind. Mit den Partnern wurde eine innovative Lösung für eine klimafreundliche Wärmeversorgung entwickelt. Damit es mehr solch zukunftsweisender Projekte gibt, muss „grüne“ Industriewärme nach seiner Auffassung künftig mehr regulatorische Anerkennung erfahren und im Emissionshandel voll angerechnet und ein funktionierender Markt für „grüne“ Herkunftsnachweise geschaffen werden.
Laut M. Prinz bringt die Aurubis-Abwärme Hamburg dem Kohleausstieg einen weiteren Schritt näher. Sie steht stellvertretend für das große Abwärmepotenzial am Standort Hamburg, das für die neuen Energieparks und die künftig klimaneutrale Fernwärmeversorgung erschlossen wird. Mit der Einbindung von Industriewärme in dieser Größenordnung werden gemeinsam mit der Aurubis deutschlandweit Maßstäbe für die Wärmewende gesetzt.
Der Ursprung der Wärme bei Aurubis
Die Wärme entsteht im Aurubis-Werk Hamburg in der sogenannten Kontaktanlage, in der in mehreren Prozessschritten Schwefelsäure als Nebenprodukt der Kupferraffination hergestellt wird. Dieser Prozess ist eine exotherme chemische Reaktion, bei der kohlendioxidfreie Wärme auf einem Temperaturniveau entsteht, das sich gut für die klimaneutrale Fernwärmeversorgung eignet. Die Technologie wird seit 2018 erfolgreich im Aurubis-Werk für die Wärmelieferung an die enercity AG, Hannover, zur Versorgung der östlichen HafenCity und Rothenburgsort eingesetzt und jetzt deutlich erweitert. Das Industriewärme-Projekt unterstreicht die ambitionierten Dekarbonisierungsziele des Multimetall-Unternehmens und verdeutlicht das Streben der Aurubis, Vorreiter bei Lösungen für ökologisch nachhaltiges Wirtschaften zu sein.
Integration der Industriewärme in das Fernwärmenetz der HEnW
Die Wärmeproduktion der Aurubis und der Wärmebedarf der Fernwärmekunden fallen oft zeitlich versetzt an. Daher wird die ausgekoppelte Industriewärme in Form von 105 °C heißem Wasser im nahe gelegenen Druckwärmespeicher der Hamburger Energiewerke zwischengespeichert. In Verbindung mit einer Netzpumpenanlage kann die Wärme bei Bedarf in das Hamburger Stadtnetz eingespeist werden. Um die Industriewärme zu den Hamburger Haushalten zu bringen, nutzen die Hamburger Energiewerke im ersten Abschnitt vom Aurubis-Werk zur Elbquerung eine bestehende Leitung der enercity Contracting Nord GmbH, Hamburg. Ab der Billhorner Brückenstraße führt von dieser Leitung abgehend eine 2,8 km lange Fernwärmeleitung der HEnW bis zu deren Wärmeumformwerk in der Spaldingstraße. Das Wärmeumformwerk dient als Schnittstelle, um verschiedene Wärmequellen in das Fernwärmenetz zu integrieren. Bis zur tatsächlichen Aufnahme der Industriewärmelieferung werden noch letzte Arbeiten zu ihrer Einbindung in das Stadtnetz durchgeführt.
Neben Industriewärme und der Abwärme der Müllverwertungsanlage Borsigstraße (MVB) werden Flusswasser-Wärmepumpen und ein weiterer Wärmespeicher eingesetzt, um zuverlässig klimafreundliche Wärme für die Stadt zu erzeugen.
Weitere Informationen zur Förderung
Das Industrie- oder Fernwärmeprojekt besteht aus mehreren Projekten der Aurubis und Hamburger Energiewerke. Seitens der Aurubis sind dies drei voneinander unabhängige Projekte mit jeweils eigener Wärmeauskopplung aus drei Betriebseinheiten der Kontaktanlage. Die Aurubis hat eine Förderung für drei Projekte beim BAFA Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Eschborn, im Rahmen der „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ Modul 4: Energie- und ressourcenbezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen, beantragt. Die Hamburger Energiewerke erhalten vom BAFA eine Förderung nach dem Programm Wärmenetze (Modul 2) Modellvorhaben Wärmesysteme 4.0. Auch die IFB Hamburg fördert das Projekt der HEnW nach der Förderrichtlinie „Unternehmen für Ressourcenschutz” (UfR).