Das Beratungsunternehmen Frontier Economics Ltd., London, hat in einer Studie im Auftrag der UNITI Bundesverband EnergieMittelstand e. V., Berlin, Szenarien für den Markthochlauf von „grünstrombasierten“ E-Fuels im Straßenverkehr untersucht. Den Ergebnissen zufolge ist mittel- und langfristig mit erheblichen Kostensenkungen bei der E-Fuels-Produktion zu rechnen. Ideale regulative Rahmenbedingungen für einen schnellen Produktionshochlauf vorausgesetzt, könnten E-Fuels heutige fossile Kraftstoffe ab dem Jahr 2037 (E-Benzin) bzw. 2043 (E-Diesel) europaweit vollständig ersetzen.
Produktionskosten für E-Benzin langfristig ab 1,10 Euro bzw. E-Diesel ab1,22 Euro/Liter
Die industrielle Produktion von E-Fuels steht in den Startlöchern. Erste Demonstrationsanlagen sind bereits in Betrieb und weltweit arbeiten Unternehmen an der Markteinführung dieser „grünstrombasierten“ Kraftstoffe und an der Skalierung hin zu einer industriellen Produktion. Aktuell noch als eher hoch eingeschätzte Produktionskosten für E-Fuels werden mit zunehmenden Erfahrungswerten, technologischem Fortschritt und einer positiven Skalierung über die Zeit deutlich sinken, so die Erwartungen der Autoren der Studie „Szenarien für den Markthochlauf von E-Fuels im Straßenverkehr“. Basis des prognostizierten langfristigen Rahmens für die Produktionskosten (inkl. Transport nach Deutschland) für E-Benzin von 1,10 Euro/Liter bis 1,63 Euro/Liter bzw. für E-Diesel von 1,22 Euro/Liter bis 1,80 Euro/Liter bilden Drittstudien von Concawe & Aramco (2024), Öko-Institut & Agora (2024) und Fraunhofer (2021), ergänzt um die Studie von Agora & Frontier Economics (2018). Welcher Preis sich innerhalb der Bandbreite einstellt, hängt unter anderem davon ab, an welchen Produktionsstandorten E-Fuels hergestellt werden und wie stark die positiven Skaleneffekte ausfallen.
Ausreichendes E-Fuels-Produktionspotenzial für vollständige Ersetzung fossiler Kraftstoffe
Das langfristige E-Fuels-Produktionspotenzial von 87.000 TWh/a an geeigneten wind- und sonnenreichen Standorten außerhalb Europas liegt höher als der aktuelle globale Endenergieverbrauch von fossilen Energieträgern von 76.000 TWh/a (Stand: 2021), so die Studie. Die Autoren von Frontier Economics empfehlen in jedem Fall, E-Fuels künftig in sukzessiv steigenden Anteilen herkömmlichen Kraftstoffen beizumischen, bis sie fossile Kraftstoffe vollständig ersetzen werden. Bei steigendem Beimischungsanteil von E-Fuels im Kraftstoffmix erwarten die Experten nur geringe Preisänderungen an der Tankstelle, denn die Produktionskosten für E-Fuels werden durch positive Skaleneffekte fallen. Mitentscheidend dafür ist, dass für E-Fuels im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen weiter keine CO2-Abgabe im Rahmen des Brennstoffemissionshandelsgesetzes bzw. im EU ETS II erhoben wird und dass sie von einem ermäßigten Energiesteuersatz profitieren können, wie dies im Reformvorschlag der Energiesteuerrichtlinie, den die EU-Kommission in 2021 veröffentlicht hat, vorgesehen ist. In einem Szenario, das von politischen Idealbedingungen für einen schnellen E-Fuels-Hochlauf ausgeht, prognostiziert die Frontier Economics, dass E-Fuels fossile Kraftstoffe bereits ab 2037 (E-Benzin) bzw. ab 2043 (E-Diesel) europaweit vollständig ersetzen könnten.
E-Fuels-Markthochlauf sollte mit regulativen Maßnahmen unterstützt werden
Politische und regulative Maßnahmen sowohl auf Angebots- als auch Nachfrageseite stellen einen wichtigen Hebel dar, um den Mengen- und Markthochlauf von E-Fuels anzureizen. So empfehlen die Studienautoren unter anderem:
Eine Reform der europäischen Energiesteuerrichtlinie, mit der Kraftstoffe entsprechend ihrer Umweltverträglichkeit und ihres Energiegehalts besteuert werden.
Die Verringerung von Investitionsrisiken und günstigere Finanzierungsbedingungen unter anderem durch den Abbau administrativer Hürden, die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprogrammen, Markthochlaufförderprogramme und generell die Schaffung eines verlässlichen regulatorischen Rahmens, der langfristig die breite Verwendung von E-Fuels in sämtlichen Sektoren im europäischen Kraftstoffmarkt nicht erschwert.
Den Ausbau internationaler Partnerschaften für den Import bzw. Export von E-Fuels zur Entwicklung eines Weltmarktes für diese „grünstrombasieren“ Kraftstoffe.
Ohne E-Fuels keine für jedermann bezahlbare kohlendioxidneutrale Automobilität
UNITI-Hauptgeschäftsführer Elmar Kühn ordnet die Studienergebnisse entsprechend ein. Seiner Meinung nach können E-Fuels fossile Kraftstoffe mittelfristig über Beimischungen und in rund 15 bis 20 Jahren vollständig ersetzen, wenn geeignete politische und regulatorische Rahmenbedingungen für ihren Hochlauf geschaffen werden. Sie werden nach seiner Überzeugung dann dazu beitragen, Fahrzeuge im Bestand sowie künftige Neufahrzeuge mit Verbrennungsmotor kohlendioxidneutral zu bewegen und das zu einem Preisniveau an den Tankstellen, das den Autofahrern bereits heute vertraut ist.
Die Europäische Union und die Gesetzgeber in den EU-Staaten sind deswegen dringend dazu aufgerufen, mit regulativen Maßnahmen den E-Fuels-Produktionshochlauf und die Nutzung erneuerbarer Kraftstoffe anzureizen. Dazu zählt neben den in der Studie empfohlenen Maßnahmen vor allem die Rücknahme des vorgesehenen pauschalen de facto Verbots für neue Verbrenner durch eine Berücksichtigung der Klimaschutzwirkung von E-Fuels beispielsweise in der Flottenregulierung für Neufahrzeuge. Eine für jedermann bezahlbare kohlendioxidneutrale Automobilität wird es laut des UNITI-Hauptgeschäftführers nur geben, wenn E-Fuels ebenfalls seitens der Politik als Option angestrebt werden und ihr Hochlauf unterstützt wird.